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Schlapp unter der Sonne

■ Werder verliert, schwäbische Fans sind langweilig, Journalisten nervig und Haake Beck teuer. Und es war dennoch schön – der taz-Prominenten-Spielbericht

Dabei hätte alles so schön sein können. Wer von den 26.000 Sportsfreunden kann bis dato schon von sich behaupten, ohne Handschuh und Schal auf Werder gewesen zu sein – und das im Februar? Zunächst geht der sonnige Samstagnachmittagskick gegen Stuttgart gut los: Ailton steht in der ersten Halbzeit kein einziges Mal im Abseits, Marco Bode versucht, sein 100. Tor für Werder durch einen Fallrückzieher zu machen – warum nicht, ging aber links vorbei.

Zunächst meint man noch, das Superteam aus dem Jahr 2001 zu erkennen – das erweist sich aber leider als ein Strohfeuer. Es flackert nochmal auf, als Bode kurz vor der Pause doch sein glorioses 100. Tor für Werder schießt. Herrlich – der Mann ist sein Geld also doch wert. Pause.

1:0 in Führung, die Fans auf der Nordtribüne nutzen das Stadion zu einem Licht-Luft-Bad. Und der Pressebereich ist besser besetzt als der Fanblock der Gäste. Schade, die Presseleute singen ja bei der Arbeit nicht und die Fans der Schwaben sind sehr sehr sparsam in ihrem Repertoire.

Apropos sparsam: Wer das ist, der sollte es sich verkneifen, beim „Chez SVW“ ein Bier zu holen. Wo sonst in der Stadt gibt es wohl ein 0,3l Haake Beck für 3 Euro?

Immerhin gibt's aber dafür auf den Plastikbechern Disco-Glitter. Trotzdem. Weiter ging's. In Ruhe ein gutes Fußballspiel sehen – prinzipiell gerne, nur nicht hier in der Journalistenlounge. Telefon- und Handyklingeleien, und mit einem Ohr sind die anderen immer auf den anderen Fussballplätzen des Landes. Die ARD-Schlusskonferenz kann das nicht besser machen.

Die Sonne sinkt und die Leistung der Werderaner leider auch. Die Stuttgarter merken immer mehr, dass hier auswärts was geht, und spielen besser, laufen schneller und wollen Punkte mitnehmen.

Knapp 20 Minuten nach der Pause werden sie dann auch belohnt, Ganea macht den Ausgleich. Schönes Ding, das mit Hilfe der Werder- Innenverteidigung zustande kommt. Wer jetzt erwartet hat, dass die Gastgeber daraufhin einen Gang zulegen, der wurde enttäuscht. Eigentlich wollte man ja, aber nicht immer und auch nicht in jeder Phase des Spiels. Ailton hätte es in der 72. Minute noch machen können, auch Frings und Bode hatten Chancen, aber die Stuttgarter standen gut – da war kein Durch- kommen. Und dann kommt der Abschuss: Der eingewechselte Tiffert macht das 2.Tor für Stuttgart. Mit etwas Glück, zugegeben, aber für Stuttgart reicht's. Werder ist danach von der Rolle und die Fans wünschen, es wäre immer noch 2001 – das Jahr, in dem ihr SV Werder wenn auch nicht immer schön, aber dafür umso erfolgreicher gespielt hat.

Zwischendurch präsentiert uns Vilsa die Restspielzeit. Ob das bei einem solchen Spielstand Sympathien für das Wässerchen aus der Nachbarschaft bringt? Die Hoffnung stirbt doch zuletzt, besonders wenn die Sonne scheint, da will man nicht von einem freundlichen Sponsor darauf hingewiesen werden, dass keine Zeit mehr bleibt für ein Wunder von der Weser. Warum werden eigentlich üble Fouls nicht auf der Anzeigetafel wiederholt und präsentiert von Mobilat oder Hansaplast?

Abpfiff und das ist auch gut. Die Sonne ist eh weg und man bleibt zurück mit der Frage, ob es wirklich so gut war, den Frings nach Verlaats Auswechslung in die Innenverteidigung zu stellen. Hinterher ist man immer schlauer. Andrea Schulz

Andrea Schulz ist Geschäftsführerin der Bremer Internetagentur artundweise GmbH, zu deren Kunden u.a. das Bremer Theater, Kraft Foods oder Radio Bremen zählen

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