: Stellenabbau ist eine Bank
Großbanken streichen in der Region Hamburg 1400 Arbeitsplätze ■ Von Peter Ahrens
Immer mehr Arbeit, immer weniger Leute: Der Druck auf die MitarbeiterInnen der Banken in Hamburg wächst. Die Zentralen der drei Großbanken Dresdner, Deutsche Bank und Commerzbank haben in der Region Hamburg in den vergangenen zwei Jahren über 500 Stellen abgebaut. Darauf hat die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di gestern aufmerksam gemacht. Die Stellen wurden vor allem im Hamburger Umland gestrichen, in Hamburg selbst wurde dafür die Arbeit verdichtet: „Das hat dazu geführt, dass die Leute in Hamburg jetzt arbeiten, was das Zeug hält und ihre Gesundheit nicht mehr respektieren“, sagt ver.di-Fachbereichsleiter Berthold Bose.
Die Deutsche Bank hat in Hamburg seit 1998 500 Jobs geopfert, bis 2003 soll fast die Hälfte der Center für das Privatkundengeschäft in der Region wegfallen, beim Tochterunternehmen Bank 24 betrifft es gar 60 Prozent der Standorte. Die Commerzbank baut 2002 70 Stellen im Privat- und Firmenkundenbereich ab, andere Abteilungen stehen vor der Ausgliederung. Die Liste kann noch eine Weile fortgesetzt werden. Im schlimmsten Fall verlieren 1700 MitarbeiterInnen bis 2004 ihre Jobs, rechnet Bose hoch.
„Die Banken entledigen sich besonders der Beschäftigten in einfachen Tätigkeiten“, weiß der Gewerkschafter.
Deren Aufgaben werden stattdessen an Zeitarbeitsfirmen vergeben. Beratungstätigkeiten wandern an freie Handelsvertreter, die sich ohne tarifliche Bindung für Provisionen kaputt arbeiten.
MitarbeiterInnen werden zu Einzelgesprächen gebeten, wo ihnen eine Abfindung für den Fall angeboten wird, dass sie „freiwillig“ ihren Arbeitsplatz räumen – und das betrifft nicht einmal die älteren Beschäftigten, die so ein Angebot vielleicht annehmen würden, sondern auch MitarbeiterInnen um die 40, die auf dem Markt momentan keine Chance haben, woanders unterzukommen. Fast täglich erhält Bose solche Meldungen aus den Filialen.
„Die Leute sind mittlerweile weich geklopft, ihre Nerven liegen blank“, beschreibt Bose die Gemütslage in den Filialen. Viele versuchen, dem erhöhten Druck zu begegnen, in dem sie noch mehr arbeiten, weit über ihre normale Arbeitszeit hinaus: „Die schuften zehn Stunden, stempeln sich aus und hängen dann noch eine Stunde dran.“ Denn von der Unternehmensführung werde signalisiert: „Wenn du Profit machst, dann ist dein Job sicher.“ Für ver.di sind das „unhaltbare Zustände“.
Denen man mit dem von ver.di geforderten Instrument der Arbeitszeitverkürzung zumindest lindernd begegnen könnte. Nach einer Umfrage der Gewerkschaft in den Filialen seien 45 Prozent der Hamburger Bankangestellten bereit, auf Lohn zu verzichten, um im Gegenzug den Arbeitsplatz von KollegInnen zu sichern. „Das Potenzial bei den Beschäftigten ist da, aber es wird von den Unternehmen überhaupt nicht genutzt“, beklagt sich Bose.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen