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Lufthansa droht dem Bund

Sollte der Staat nicht weiter die Versicherung für Terrorschäden übernehmen, will der Konzernnicht mehr fliegen. Die Airline weigert sich, die Kosten auf die Tickets der Fluggäste umzulegen

von HANNES KOCH

Die Deutsche Lufthansa fordert, dass der Staat langfristig Versicherungsschutz im Falle von Terroranschlägen bereitstellen soll. Der Markt allein könne das Problem nicht lösen, erklärt der Konzern, der im Jahr 2000 einen Gewinn vor Steuern von rund 1,2 Milliarden Euro erwirtschaftet hat. Die Lufthansa scheut sich, die höheren Versicherungskosten nach den Anschlägen des 11. September auf die Ticketpreise umzulegen und damit Kunden abzuschrecken.

Wenn die Staatsgarantie nicht verlängert würde, müsste die Airline möglicherweise ihren Betrieb einstellen, droht jetzt Lufthansa-Manager Ulrich Schulte-Strathaus. Ein taktisches Geschoss, abgefeuert in Richtung Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD). Denn am 31. März läuft die Zusage der Bundesregierung aus, Schäden durch terroristisch herbeigeführte Flugzeugabstürze zu übernehmen, wenn diese auf dem privaten Markt nicht zu versichern sind. Nun stellt sich für die Lufthansa wieder die Frage, ob sie die von den privaten Versicherungskonzernen verlangten hohen Prämien zahlen soll oder ob sie die Bundesregierung weiter überzeugen kann, finanziell einzuspringen.

Während die Lufthansa bis zur Zerstörung des World Trade Centers am 11. September 2001 rund 48 Millionen Dollar jährlich für Versicherungen ausgeben musste, ist der Betrag seitdem auf rund 170 Millionen gestiegen. Umgerechnet auf die 47 Millionen Fluggäste (2000) bedeutet das: Pro verkauftes Ticket sind die durchschnittlichen Versicherungskosten von etwa einem auf rund drei Dollar gestiegen. Zudem stellt der Bundesfinanzminister der Fluggesellschaft einen weiteren Dollar pro Ticket dafür in Rechnung, dass der Staat den größten Teil der etwaigen Schäden übernimmt, die Terroristen mit dem Absturz einer Lufthansa-Maschine verursachen könnten. Noch ist der Konzern nicht bereit zu zahlen – man verhandelt. Auf dem privaten Versicherungsmarkt ist die Airline augenblicklich nur bis zu einem Haftpflichtschaden von 50 Millionen US-Dollar versichert.

Die Lufthansa versucht, ein Geschäft mit dem Bund zu möglichst günstigen Konditionen abzuschließen. Auf dem privaten Versicherungsmarkt hätte sie in jedem Fall mehr zu zahlen. Würden Schäden – wie die in New York entstandenen – zu realistischen Bedingungen versichert, müssten die Preise pro Ticket um 30 Dollar oder mehr angehoben werden.

Doch die Lufthansa meint, diese Kosten nicht auf die Kunden umlegen zu können. „Das würde zu einer Verzerrung des Wettbewerbs führen“, sagt eine Konzernsprecherin. Die Fluggäste würden dann zur billigeren Konkurrenz abwandern, so die Befürchtung.

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