: Reste nehmen, den Rest geben
„Keinen Kahlschlag“ versprach Senatorin Schnieber-Jastram – und streicht Hamburgs Frauenhäusern jetzt weitere zehn Prozent ■ Von Kaija Kutter
Schlechte Nachrichten für die sechs Hamburger Frauenhäuser: Sie sollen bis Ende März ein Konzept vorlegen, in dem sie zehn Prozent ihrer Ausgaben sparen. Das wurde Vertreterinnen der Frauenhäuser am Donnerstag bei einem Gespräch mit der Behörde für Soziales und Famile (BSF) mitgeteilt. „Es wurde gesagt, die Sparvorgaben sind unabänderlich“, berichtet Mitarbeiterin Verena Roller-Lawrence. „Unsere Einwände wurden nicht beachtet.“
Noch am Tag zuvor hatte Frauensenatorin Birgit Schnieber-Jas-tram (CDU) in der Bürgerschaft verkündet, bei Frauenhäusern gebe es „keinen Kahlschlag“, das Vorjahresniveau von 2.436.000 Euro bleibe erhalten. Die Häuser müssten lediglich auf die noch von Rot-Grün geplante Erhöhung von 100.000 Euro verzichten. Allerdings hatte die Senatorin schon vor einer Woche bei der 10-Jahres-Feier des Frauenhauses des Diakonischen Werks angekündigt, „Restmittel“, die in der Vergangenheit aus dem Behördenetat an die Frauenhäuser gezahlt wurden, stünden künftig nicht mehr zur Verfügung.
Die Frauenhäuser, so Roller-Lawrence, hätten in 2001 einen Zuwendungsbescheid von 2,7 Millionen Euro bekommen. „Dass dies zum Teil aus Restmitteln kommt, wussten wir nicht.“ Insgesamt „müssen wir nun nochmal 264.000 Euro streichen“, rechnet sie vor: „Das heißt pro Haus eine Stelle.“
Die Folgen sind für die sechs Häuser, die insgesamt 204 Plätze für Frauen bieten, die vor ihren gewalttätigen Partnern flüchten, dramatisch. Zu Zeit suchen im Jahr rund 1800 Opfer Schutz in den Frauenhäusern, pro Haus gibt es zwischen 30 und 42 Plätze und im Schnitt 4,5 Stellen, die sich Hausmitarbeiterinnen, Pädagoginnen und Psychologinnen teilen.
Als mögliche Einsparungen wurde von Behördenseite vorgeschlagen, den Stellenschlüssel oder die Verweildauer der Frauen zu senken oder aber Plätze abzubauen und einzelne Häuser zu schließen. Eine solche Reduzierung und eine ambulante Betreuung der Frauen, so die Argumentation in der BSF, müsste möglich sein, weil es das seit 1. Januar geltende Gewaltschutzgesetz ermöglicht, dem Misshandler per „Wegweisung“ den Zutritt zur Wohnung zu verbieten. „Es gibt Erfahrungen aus Baden-Württemberg, wo es diese Regelung schon länger gibt. Dort ist die Zahl der flüchtenden Frauen keineswegs kleiner geworden“, berichtet Roller-Lawrence. Auch in Hamburg sei die Zahl seit Jahresbeginn eher noch gestiegen. „Oft müssen wir Frauen in andere Bundesländer weiter schicken. Das ist ganz schön hart.“ Auch gebe es Klientinnen, die wegen ihres Aufenthaltsstatus verpflichtet seien, in der Stadt zu bleiben.
Ein Problem der neuen Regelung sei auch die Angst vor dem Täter: „Das funktioniert nur, wenn die Frauen in der Wohnung und auf dem Weg zur Arbeit geschützt sind“. Dauerhaft weggeschlossen – so dass die Frauen richtig sicher sind – werden Täter nur nach nachgewiesener häufiger Wiederholung.
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