: Auch online sicher – Ede sei Dank
Wem der Thrill einer „Aktenzeichen XY… ungelöst“-Sendung nicht mehr reicht und wer sich nur noch beim Anblick des neuen Moderators Rudi Cerne gruselt, der kann im Internet in Erinnerung an bessere Zeiten schwelgen und Eduard „Ede“ Zimmermanns „Sicherheitsportal“ besuchen: www.e110.de lässt das Herz aller Paranoiker und Crime-Süchtigen höher schlagen. Während Ede ganz gemütlich am Kopf der Seite thront (wahrscheinlich wartet auch er darauf, dass sich die enorm langsame Seite endlich aufbaut), tickern in der Spalte darunter die aktuellsten Meldungen durch – aber nur die, in denen die Schlagworte „Blut“, „Mord“ oder zumindest „Gewalt“ vorkommen. Die Topmeldung wird auch extragroß präsentiert: Da kann man dann zum Beispiel sehen, wie ein von seiner Frau zusammengeschlagener Mann aussieht (und warum es also jetzt bald auch „Männerhäuser“ geben soll).
Wer durch die Schreckensmeldungen in die richtige „Allein zu Haus und zitternd XY gucken“-Stimmung gebracht worden ist, der kann unter „Sicherheit vom Keller bis zum Dach“ anklicken, was ihm an seiner heimischen Festung noch alles fehlt: Fensterschlösser, Beschläge und eine blinkende Alarmanlage auf dem Dach. Und wehe, man man hat nicht die entsprechenen Vorkehrungen getroffen! Dann kommt als MP3: „Wussten Sie, dass die meisten Fenster in 10 Sekunden aufgehebelt sind? Ein stabiler Schraubendreher genügt – und der Einbrecher ist drin.“ Schlimme Warnungen. Dafür lernt man die bösen Einbrecher endlich mal kennen. Das sind nämlich nach Edes Erhebungen meist „entfernte Bekannte, Drogenabhängige, spontane Einzeltäter oder Banden aus Osteuropa“ – Letztere verschwinden angeblich aber nach einer Woche wieder. Ach ja: „Sachdienliche Hinweise“ zum Eigenheimschutz gibt’s – wie Ede-Fans wissen – auch bei der nächsten Polizeidienststelle.
Wenn alle Schlösser und Riegel versagen, kann der surfende Eigenheimschützer nur noch auf einen Helden hoffen. Und auch die fehlen auf Edes Sicherheitsportal nicht: Unter „XY-Preis“ verbirgt sich die Suche nach „Mitmenschen, die sich im Kampf gegen die Kriminalität für andere eingesetzt haben“. Wer jemanden kennt, der mutig – aber ohne „falsches Heldentum“ – ein Verbrechen vereitelt hat, kann auf eine Tapferkeitsmedaille hoffen. Nicht Ede, sondern der Innenminister persönlich überreicht dann die „moderne Skulptur aus edlem Metall und Kunststoff“. muench@taz.de
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