Wandertag im Bundesrat

Bundesrat stimmt dem Zuwanderungsgesetz zu. Union reagiert mit Empörung – und zieht aus. Das Ja des brandenburgischen Ministerpräsidenten Stolpe (SPD) löst Eklat aus. CDU fordert Bundespräsident Rau auf, das Gesetz nicht zu unterzeichnen

BERLIN taz ■ Es fehlte nur noch, dass sie sich schlugen. Im Bundesrat kam es gestern zu Tumulten unter den Ministerpräsidenten, als die zweite Gesetzgebungskammer dem rot-grünen Zuwanderungsgesetz zustimmte. Die CDU-Regierungschefs zogen aus dem Bundesrat aus. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) forderte den Bundespräsidenten auf, das Gesetz nicht zu unterschreiben. Der Bundesrat nahm es mit einer Stimme Mehrheit an.

Koch erhob den Vorwurf, Bundesratspräsident Wowereit habe absichtlich eine „schwere Krise des Verfassungssystems“ heraufbeschworen. „Bis ins Detail vorgeplant“ sei eine ungültige Stimme Brandenburgs zugunsten des Zuwanderungsgesetzes gewertet worden. Die Kritik der Union entzündete sich daran, dass Wowereit beim brandenburgischen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD) nachfragte, wie das Votum des Landes zur Zuwanderung zu verstehen sei. Stolpe sagte daraufhin: „Als Ministerpräsident des Landes Brandenburg erkläre ich: Ja.“ Zuvor hatte Innenminister Schönbohm (CDU) Stolpe widersprochen und das Gesetz abgelehnt.

Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU) schob die Verantwortung dem Bundeskanzler zu. Es dränge sich der Verdacht auf, „dass aus dem Bundeskanzleramt heraus der doppelte Rechtsbruch“ angeregt worden sei. Niedersachsens Ministerpräsident Sigmar Gabriel (SPD) warf der CDU ein „übles Schauspiel“ vor. Das bezog sich auf den Thüringer Kollegen Bernhard Vogel, der für einen spontanen Geschäftsordnungsantrag ein Manuskript hervorzog – um es voller Empörung abzulesen. CIF

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