vorlauf kunst Harald Fricke schaut sich inden Galerien von Berlin um

Die Kleider findet man bei Humana oder in Rote-Kreuz-Containern. Nachdem Nada Sebestyen sie bearbeitet hat, hängen sie als amorphes Krakengebilde an der Wand oder liegen wie bunte Laken auf einer Matratze aus: … leuchtende Textilien auf ihrem Weg durch die Landschaft, angekommen bei einer Siedlung“, heißt es zu „Welcome“ in der Ankündigung der Galerie Koch und Kesslau. An den Wänden stehen die Wörter „family“ und „private“ in einer kratzigen Schrift, die an wütende Graffitis von Slumbewohnern erinnert. Der urbane Verfall kehrt auch mit dem wellblechhüttenartigen Schrank wieder, der als Skulptur den Weg versperrt. Pointiert schafft Sebestyen damit eine Situation, in der das Gefühl des unentwegten Aufreisenseins und die Not der Sesshaftigkeit in einer Schwebe zur Poverty-Fashion bleiben.

Der linke Radiowecker nervt den rechten Radiowecker mit Musik von Depeche Mode. Der rechte Radiowecker hält mit einem Wirtschaftsreport dagegen. So muss es auch in kriselnden Beziehungen zugehen, hat sich Manfred Pernice gedacht und deshalb beide Geräte nebeneinander in eine Konsole eingebaut. Überhaupt ist sein „Resteessen“ in der Galerie Neu Dokumentation, Mobiliar, Environment und Skulptur in einem. Denn der Bildhauer weiß, wie man Ebenen verzahnt, wie man sich anhand von Modellen einen Überblick über Zusammenhänge verschafft; und wie man Objekte in Text überführen kann. Seine Installation ähnelt einer Warburg’schen Ikonografie: In Vitrinen liegen Fotos und Zeitungsseiten aus, die Bronzen von Helden und Heldinnen der Arbeiterbewegung zeigen. Die Paarbildung ist wiederum Substitut seiner eigenen Sperrholzmodule. So schließt sich der Kreis – zwischen Männern und Frauen, Kisten und Kästen, Form und Inhalt.

Anregungen: vorlauf@taz.de

Samstag kommt der Kinderhort