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Durchboxer-Paten aus Braunschweig

■ Die Crossover-Band „Such A Surge“ macht auf der Tour zum zehnjährigen Jubiläum Station im Schlachthof

So eine Hundertachtziggradwende kann schon mal vorkommen: Im Sommer 2000 antworteten „Such A Surge“ auf die Frage, ob es vorkommen könnte, dass sie Newcomer zur freundlichen Unterstützung mit auf Tour nehmen: „Definitiv nicht.“ Im Frühjahr 2002 sind sie auf einmal „Patenband“ beim „Jägermeister Band Support“ und haben die Hälfte des Tourbusses freigeräumt für das Bonner NuMetal-Trio „Ampersand“. Jägermeister zahlt den „Jägerbus“ und noch einiges mehr. „Ampersand“ darf deutschlandweit als Anheizer für „Such A Surge“ dabei sein.

Und dabei feiert „Such A Surge“ in diesem Jahr Bandjubiläum – phantasievoller Weise mit einem Best-Of-Album namens „10 Jahre“. Das Cover der Scheibe ist eng angelehnt an das des 1995er-Debutalbums „Under Pressure“: Ein Männchen baumelt im Nichts an ein paar Fäden, ein Bild zwischen Marionettentheater und Galgen. 1995 war dieses Cover noch zu verstehen als privates Befindlichkeits-Artwork – heute steht das Motiv für die Verstrickungen der Band in der Musikindustrie. Tja: Als Jägermeister-Patenband sind „Such A Surge“ keine Subkultur mehr. Und daran haben sie zu beißen.

„Gegen den Strom“ hieß eine EP der ganz frühen Tage, als „Such A Surge“ noch Braunschweiger Lokalmatadore waren. Mit einer Mischung aus Metal, deutschem Rap und Melodie mauserte sich das Quintett zu einem hochgelobten deutschen Crossover-Vertreter. Sony nahm die Band unter Vertrag, und Herbert Grönemeyer nahm sie mit auf Tour. Und wenn Gitarrist Dennis Graef dann in einem Interview dreimal den Satz sagt „Es gibt kein Leben ohne Kampf“, dann klingt das eher nach Attitüde, als nach Offensive.

Tatsächlich sind es keine großen Schlachten, die „Such A Surge“ schlagen, aber immerhin: Gegenüber Sony haben sie durchgeboxt, dass eines ihrer Videos auf der Homepage in voller Länge zu sehen ist – von der Plattenfirma erlaubt waren ursprünglich nur 30 Sekunden. Und das Management der Band übernahm der frühere „Such A Surge“-Bassist Axel Horn – soviel Familienbetrieb muss sein.

Sicher auch eine Reaktion auf das große Geschäft sind die Seitenprojekte der Bandmitglieder. Bei „Pain In The Ass“, „Originalton“ und „Revolver“ toben sich die Bandmitglieder aus, schaffen den Ausgleich zum Bandkoller und holen sich neue Inspirationen für das Hauptgeschäft. Denn es soll weiter gehen mit „Such A Surge“. Zum Beispiel am Donnerstag, 4. April, um 20 Uhr im Schlachthof. flex

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