: Kanzler als Berufsoptimist
Trotz schlechter Nachrichten aus den Branchen erkennt Gerhard Schröder auf der Hannovermesse Zeichen wirtschaftlicher Belebung. Richtig konkret wird er aber nicht
HANNOVER taz ■ Die Besucher sind an den Neuheiten in der deutschen Industrie offenbar nicht mehr ganz so interessiert. Nur etwas mehr als 200.000 werden auf der diesjährigen Hannovermesse bis Samstag erwartet. Damit würde sich der Rückgang der Besucherzahlen aus den letzten Jahren fortsetzen. Die weltgrößte Leistungsschau der Investitionsgüterindustrie kann aber mit knapp 7.000 eine neue Rekordzahl an Ausstellern vorweisen. Und: Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und den Branchenverbänden gilt sie immer noch als wichtiges Konjunkturbarometer – und als geeigneter Ort, selber Zuversicht zu verströmen.
So gab Schröder gestern bei seinem zweistündigen Rundgang zur Eröffnung der Messe brav den Wirtschaftsoptimisten und prophezeite eine Besserung, die „auch zunehmend, wenn auch nicht befriedigend“ beim Abbau der Arbeitslosigkeit helfen könne. Er vermied aber konsequent jede weitere Festlegung, was etwa den Zeitpunkt des erhofften Aufschwungs angeht. Sein vorab verbreitetes Manuskript, in dem der „Konjunkturmotor“ schon „angesprungen“ war, hatte Schröder vorsichtshalber dem Papierkorb überantwortet. Stattdessen dozierte er vor den versammelten deutschen Managern aus dem Stegreif über Amerika, China, Russland, den Nahen Osten und die Weltkonjunktur überhaupt. Zur Sicherheit warnte er aber gleichzeitig davor, den sich anbahnenden Aufschwung zu zerreden.
In der realen Wirtschaftswelt erwartet etwa der deutsche Maschinenbau in diesem Jahr einen Produktionsrückgang von zwei Prozent. Immerhin sah der Präsident des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), Diether Klingelnberg, gestern auf der Messe „konkrete Hinweise darauf, dass wir die Talsohle durchschritten haben“. Die Branche hat mit einem Umsatz von 133 Milliarden Euro im Jahr 2001 gerade das bisher erfolgreichste Jahr ihrer Geschichte hinter sich. Für dieses Jahr gab sich Klingelnberg, „trotz mancher Unwägbarkeiten, zuversichtlich“. Bis zur Jahresmitte würden die Aufträge wieder anziehen. JÜRGEN VOGES
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