: Nach dem Abi: Wahlkampf
Anna Lührmann ist seit dem 13. Lebensjahr grün und könnte das jüngste Mitglied des Bundestags werden. Mindestens
„Meine Gegenkandidaten werden sich noch gehörig wundern“, sagt Anna Lührmann und rückt ihre dunkle Brille zurecht. Im hessischen Wahlkreis 182 (Main-Taunus, Steinbach, Kronberg, Königstein) will die 18-jährige Hofheimerin für die Grünen am 22. September das Direktmandat für den Bundestag gewinnen. Mit „selbstbewusst“ wäre ihre Haltung nur vorsichtig beschrieben.
Auf der hessischen Landesliste kandidiert die Landesvorsitzende der grünen Jugend auf Platz 5. Die hessischen Grünen peilen für den September ein Ergebnis von um die 10 Prozent an. Damit wäre Anna Lührmann im Bundestag. Zu jung für eine solche Position? Davon will die zielstrebige Grüne nichts hören: „Anfangs belächeln die Leute mich immer, aber wenn sie mich dann reden hören, merken sie schnell, dass ich wirklich was drauf hab.“ Aha. Da lässt man sie doch gerne reden.
Schon mit 13 Jahren wurde Anna Lührmann „grün“, „weil die Werte der Grünen mit meinen übereinstimmen“. Das sind für die Nachwuchspolitikerin: „eine nachhaltige Entwicklung und eine liberale, gerechte und emanzipierte Gesellschaft“. Und weil man „es als Frau bei den Grünen leichter hat“, übernahm Lührmann von Anfang an verantwortungsvolle Positionen in der Partei. Seit 2001 ist sie Sprecherin der Grünen Jugend Hessen, seit 2002 Beisitzerin im Bundesvorstand.
„Ich brauch diesen Stress,“ grinst sie und packt ihren Terminkalender aus. Der steht dem eines Profipolitikers in nichts nach. Momentan ist Anna zwar noch hauptberuflich Schülerin, aber sobald die Abiturprüfungen beendet sind, ist Wahlkampf angesagt: „Ich rechne mit einer 60- bis 70-Stunden-Woche.“ Terminstress, der sich lohnt, glaubt Anna Lührmann: „Ich will nicht nur meckern, sondern selbst anpacken. Und als Bundestagsmitglied habe ich dann hoffentlich die Gelegenheit dazu.“ Ihre bundespolitischen Ziele hat die „überzeugte Europäerin“ schon klar definiert: „Wenn ich gewählt werde, will ich globalisierungskritischen Jugendlichen eine Stimme verleihen, mich bildungspolitisch engagieren und für mehr Demokratie in unserer Gesellschaft eintreten.“ Außerdem will sie „Beton-Sozen dabei stören, grüne Konzepte einzumauern“. Angst, dass sie wegen ihres Alters von den anderen Politikern nicht ernst genommen wird, hat Lührmann nicht: „Die werden schon merken, dass ich nicht die Quotenjunge bin“, erklärt sie energisch. Joschka Fischer hat sie schon von sich überzeugt. Der findet es „fast unglaublich – aber richtig gut“, dass die 18-Jährige auf einem aussichtsreichen Platz kandidiert.
Auch Freunde und Familie unterstützen Anna Lührmanns politische Ambitionen. Nur einer wird Anna nicht wählen: „Mein Bruder wählt eher FDP“, sagt sie und schüttelt den Kopf. „Aber nicht, weil er meine Kompetenz in Frage stellt, sondern weil er anderer politischer Meinung ist. Darauf lege ich Wert.“
Egal ob sie das Bundestagsmandat erhält oder nicht, „ich probier immer, auf dem Boden zu bleiben“. Eine Politikerkarriere ist für die 18-Jährige deshalb auch nicht unbedingt ein Muss: „Ich will auf jeden Fall auch noch ein Studium einschieben, VWL oder Politik. Ob ich dann Berufspolitikerin werde oder was anderes mache, werde ich dann entscheiden.“ Sicher ist sich Anna Lührmann aber in einem: „Hausfrau werden kann ich mir nicht vorstellen.“ ANGELIKA HENSOLT
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