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Vertreibung bleibt Wahlkampfthema

Mit einer Resolution will das Prager Parlament die Debatte über die Benes-Dekrete beenden. Dies wird nicht gelingen

Prag taz ■ Heute soll ein weiterer Strich unter die Diskussion um die so genannten Benes-Dekrete gezogen werden: Das tschechische Abgeordnetenhaus will eine gemeinsame Erklärung an diejenigen verabschieden, die in Österreich, Ungarn und Deutschland immer wieder die Aufhebung der Vetreibungsdekrete fordern. Diese seien, so die Resolution, als eine Folge der Niederschlagung des Nazismus entstanden. Zu dieser Zeit seien sie gültig gewesen, aber „heute können auf ihrer Grundlage keine neuen Rechtsverhältnisse entstehen.“

Die Erklärung, auf deren Wortlaut sich die Chefs aller parlamentarischen Parteien Ende vergangener Woche einigten, weist jegliche Versuche zurück „Fragen zu öffnen, die mit dem Ende und dem Ergebnis des zweiten Weltkriegs zusammenhängen“ und bezeichnet „gute nachbarschaftliche Beziehungen“ sowie eine „volle Mitgliedschaft der Tschechischen Republik in der EU“ als eine Priorität der tschechischen Außenpolitik. Unbeeindruckt von verschiedenen Forderungen nach Aufhebung der Dekrete betont die Resolution, dass „Rechts- und Eigentumsverhältnisse, die aus ihnen hervorgegangen sind, unbezweifelbar, unantastbar und unabänderlich sind“.

Ziel der Erklärung sei es, so Außenminister Jan Kavan, Signale zu geben. „Signale an unsere Bürger, dass sich nichts ändern wird und ihr Eigentum unantastbar bleibt und Signale an das Ausland, dass wir keine Gesetzgebung haben, die nicht im Einklang mit dem Recht der EU steht“. Abgeschlossen sei das Thema mit der Erklärung aber noch nicht, sagte Parlamentspräsident Václav Klaus, der als Vorsitzender der Bürgerdemokraten (ODS) die Dekrete zu einem zentralen Thema seines Wahlkampfes für den Urnengang am 14. und 15. Juni gemacht hat.

Tatsächlich scheint es fraglich, ob die großen Parteien überhaupt ein Interesse an einem Ende der Diskussion über die Dekrete haben. Bietet der Streit doch eine wunderbare Plattform, sich als Verteidiger der tschechischen Staatlichkeit darzustellen und Stimmen einzuheimsen, ohne sich Fragen über die wirtschaftliche Lage stellen zu müssen. So enthüllte Klaus zum Wahlkampfauftakt den neuen Slogan der ODS ausgerechnet auf dem Edvard-Benes-Platz in Liberec: „Die ODS wählt nationale Interessen.“ Die Symbolik ist klar: Liberec/Reichenberg war einst Hauptstadt des Reichsgaus Sudetenland. ULRIKE BRAUN

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