piwik no script img

berliner szenen Punk als Diashow

Verschwendete Jugend

I speak different languages. Et j’ai un travail très interessant. Et toi?

Nüschte. No job, pas de future. Da konnten die blonden Mädels damals auf dem bekloppten Zeitarbeitswerbungsplakat im U-Bahnhof Ernst-Reuter-Platz noch so grenzdebil lächeln.

An die Mädchen musste ich komischerweise beim „Verschwende deine Jugend!“-Abend im Roten Salon denken, bei dem der „Journalist“ (wieso tituliert ihn eigentlich keiner als „Ex-Punk“? Ist das etwa keiner? War er damals etwa eher so ein Punk-Groupie?) Jürgen Teipel die Interviewfragmente aus seinem gleichnamigen Buch abspielte und Dias zeigte. Immer wieder lustig, so eine Punker-Dia-Show. Und lustig, dass, wo man sich eh die ganze Zeit fragte, wie denn die Beteiligten jetzt aussehen, ein paar davon knitterig und mit einer Halb-will-ich-erkannt-werden-halb-bin-ich-zu-cool-dazu-Miene herumschlichen, Fehlfarben-Mitglieder zum Beispiel. Natürlich standen danach alle um den „Punk Collection“-Pavillon nebenan herum, tranken Bier und schmissen die leeren Flaschen nicht in die süße Zeitungsartikel-Ausstellung, sondern brachten sie brav zurück. Wegen Pfand und Umwelt und so. Und weil der Modern-Punk Rocko Schamoni, der sich ja vom Paulus zum Soulus gewandelt hat, mal sagte, dass man mit der Welt nicht umgehen könne, als ob man noch eine zweite im Kofferraum hätte. Typische Post-Punk-90er-Erkenntnisse sind das.

Die beiden Blondinen aus der Zeitarbeitswerbung waren, wenn ich’s mir recht überlege, wahrscheinlich in den Endsiebzigern ebenfalls Punk. Aber eben nicht „Für immer Punk“, sondern nur, bis sie ihre Jugend komplett verschwendet hatten und als last exit zur Zeitarbeitsausfahrt gekrochen kamen. Spätestens ab da wird’s wehmütig. JENNI ZYLKA

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen