: Union blockiert Verbrauchergesetz
Rot-Grünes Informationsgesetz für Kunden soll im Bundesrat scheitern - ebenso wie das Tariftreuegesetz gegen Niedriglöhne auf öffentlichen Baustellen. Immerhin wurden gestern drei Gesetze zur Straßenmaut und zum Nahverkehr beschlossen
von HANNNES KOCH und KATHARINA KOUFEN
Über den Bundesrat organisiert die CDU jetzt ihre Blockade wichtiger rot-grüner Gesetze. Zwar haben SPD und Grüne gestern im Bundestag das Verbraucherinformationsgesetz verabschiedet, doch wichtige CDU-Länder mobilisieren im Bundesrat dagegen. Die Regierungen von Bayern und Baden-Württemberg etwa lehnen das Gesetz ab, weil es ihren Behörden angeblich zu hohe Kosten verursache.
Das von Verbraucherministerin Renate Künast (Grüne) erarbeitete Gesetz stärkt die Rechte der Kunden. Behörden sollen die Bürger bei möglichen Gesundheitsgefahren durch Nahrungsmittel, Spielzeug, Kosmetika, Kleidung oder Bettwäsche informieren. Außerdem können zum Beispiel Allergiker künftig bei Behörden nachfragen, ob Informationen über gefährliche Farbstoffe in Kleidern einer bestimmten Marke vorliegen. Verbraucherschützern geht das nicht weit genug: Ein Kunde solle ihrer Ansicht nach auch die Möglichkeit haben, beim Unternehmen selbst Auskunft zu erhalten, welche Chemikalien etwa bei der Herstellung von Kinderspielzeug verwendet wurden.
Bei der Sitzung des Bundesrates am 31. Mai kommt die Stunde der Wahrheit. Seit der Landtagswahl von Sachsen-Anhalt verfügen die CDU-Länder über die Mehrheit. Lehnen sie wie erwartet ab, steht ein Verfahren im Vermittlungsausschuss an. Das alles könnte so lange dauern, dass das Gesetz in dieser Legislaturperiode nicht mehr fertig wird und damit gestorben ist.
Ein ähnliches Schicksal droht dem Tariftreuegesetz, das Lohndumping unter anderem auf Baustellen verhindern soll. Bei den jüngsten Ausschuss-Sitzungen der Länderkammer hat der rot-grüne Entwurf keine Mehrheit erhalten. Die CDU-Länder stimmten nahezu geschlossen dagegen.
Laut dem rot-grünen Entwurf müssen Baufirmen, die in öffentlichem Auftrag tätig sind, ihren Arbeitern den „Lohn der Baustelle“ zahlen. Wenn ein Betrieb aus Chemnitz für die Stadt Kassel arbeitet, gilt der hessische Tariflohn, und nicht der sächsische. Die Regelung soll verhindern, dass Firmen aus Niedriglohn-Gebieten die einheimische Konkurrenz ausstechen.
Die Ostländer, darunter auch das rot-rot regierte Mecklenburg-Vorpommern, sehen ihre Vorteile schwinden, falls die Pflicht zur Tariftreue durchkommt. Die Gewerkschaften BAU und Verdi hatten das Gesetz vehement gefordert, um dem Lohndumping zu begegnen. Bayern hat sich in den Ausschüssen des Bundesrates teilweise enthalten. Der Freistaat ist in einer schwierigen Lage: Eigentlich befürwortet die CSU-Regierung das Gesetz, doch Kanzlerkandidat Edmund Stoiber will der rot-grünen Bundesregierung keinen Erfolg mehr gönnen.
Weniger Ärger hatte die Koalition gestern mit der Verabschiedung von drei Gesetzen zur Verkehrsfinanzierung, weil sie nicht der Zustimmung des Bundesrats bedurften. Künftig soll eine privatrechtliche Gesellschaft für die Finanzierung eines Teils der bundesdeutschen Straßen, Schienen und Wasserstraßen zuständig sein. Gestaltungsspielraum hat sie dabei nicht, sie plaziert die Einnahmen aus der LKW-Maut, die ab nächstem Jahr erhoben wird, nach Weisung des Verkehrsministers. Daneben wird es für private Investoren einfacher, Straßen, Brücken oder Tunnels vorzufinanzieren und sich die Kosten über eine Maut zurückerstatten zu lassen. Zudem beschloss die Regierung gestern mit Zustimmung der PDS, dass die Länder vom Bund höhere Zuschüsse zur Finanzierung ihres Nahverkehrs erhalten sollen. Von 2003 bis 2007 soll der Betrag - dieses Jahr sind es 6,75 Milliarden Euro - um jährlich 1,5 Prozent steigen.
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