möllemann statt karsli: Ein bisschen Antisemitismus
Jamal Karsli wird nicht FDP-Mitglied. Viele hatten dies gefordert, nun ist es geschehen. Diese Entscheidung ist aus Zwang geboren, nicht aus besserer Einsicht der FDP-Spitze, aber immerhin. Ist also alles klar?
Kommentarvon STEFAN REINECKE
Nein. Karsli bleibt Mitglied der Landtagsfraktion. Was er künftig sagt und tut, wird man nicht mit der FDP identifizieren können – assoziieren schon. Und das ist für Möllemanns ungutes Spiel mit antisemitischen Andeutungen vielleicht sogar die noch komfortablere Lage.
Deshalb beantwortet sich die Frage, wer gewonnen und wer verloren hat, auch nicht von selbst. Das bleibt eine Frage der Deutungsmacht. Möllemann hat geschickt Legenden gestrickt. In seiner Heldenerzählung erscheint Karsli als schuldloses Opfer einer „Hetzjagd“, er selbst als unerschrockener Tribun des Volkes, dessen Stimme eine bornierte, politisch korrekte Klasse nicht mehr höre. So rollen nicht Geschlagene die Fahne ein, so rüsten sich Unentwegte fürs nächste Gefecht.
Kein Missverständnis: Möllemann ist wahrscheinlich kein Antisemit. Eigentlich interessiert er sich nicht besonders für Juden oder den Nahen Osten – oder nur, weil er seine politische und geschäftliche Karriere als arabischer Lobbyist gemacht hat. Er ist auch kein Wiedergänger des zum Glück vor dreißig Jahren untergegangenen nationalliberalen FDP-Flügels. Seine Heimat ist im Grunde auch nicht die FDP – politisch steht Jürgen.WWW.Möllemann jeder Meinungsumfrage nahe.
Deshalb taucht er mal als FDP-Linker auf, mal als Autolobbyist, mal als Rechtspopulist. Damit verkörpert er einen Politikertypus, der derzeit von Rom bis Kopenhagen reüssiert. Möllemann ist kein deutscher Haider – er ist ein Postideologe, den außer Erfolg nichts interessiert. Gefährlich ist er nicht, weil er antisemitische Prinzipien hat – gefährlich ist er, weil es momentan so gut ankommt, überhaupt keine Prinzipien zu haben.
Für die politische Kultur hierzulande ist der Karsli-Kompromiss ziemlich trostlos. Diese Affäre hätte ja ihr Gutes gehabt – wenn an ihrem Ende die erneuerte Erkenntnis gestanden hätte, dass Antisemitismus kein Mittel im politischen Geschäft sein darf. Doch genau das ist nun nicht der Fall. Westerwelle & Co haben nur das Nötigste getan – und das ist zu wenig.
Die FDP hält sich damit viele Möglichkeiten offen – auch die, sich weiterhin ein bisschen antisemitisch aufzuführen. In der Tat: Sie braucht Karsli nicht. Sie hat ja Möllemann.
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