: Körting schickt Umzugs- statt Räumtrupp
Räumung der Rigaer Straße 94 abgewendet. Die Bewohner erhalten ein Ersatzobjekt in der Simplonstraße
„Wenn Räumung – dann Beule“. Mit dieser Parole hatten die Bewohner des ehemals besetzten Hauses in der Rigaer Straße 94 in den letzten Wochen zum Kampf gerufen. Grund der Aufregung: Ab heute morgen, 8 Uhr, bestand für den im Erdgeschoss des linken Wohnprojekts gelegenen Veranstaltungsraum „Kadterschmiede“ ein gerichtlicher Räumungsbescheid. „Gegen alle Räumungsversuche wird Widerstand geleistet“, hieß es aus Rigaer 94 rebellisch: „Wir sehen uns am 28. 5. – auf den Barrikaden“.
Doch die können liegen bleiben: „Es ist davon auszugehen, dass nicht geräumt wird“, sagte Innensenator Ehrhart Körting (SPD) gestern. Im letzten Moment konnten Senat und Bezirk mit den Bewohnern der Rigaer 94 und dem Hauseigentümer einen Kompromiss aushandeln: Die gut 30 Personen des Wohnprojekts verpflichten sich vertraglich zum Auszug. Im Gegenzug erhalten sie Ersatzwohnungen in einem Doppelhaus in der ebenfalls in Friedrichshain gelegenen Simplonstraße. Nach Auskunft des PDS-Abgeordneten Freke Over steht das unsanierte Gebäude derzeit zu zwei Dritteln leer. Im Zuge von Modernisierungsmaßnahmen solle zusammenhängender Wohnraum für die linken Umzügler geschaffen werden. „Rot-Rot hat eine Räumung verhindern können“, sagte Over gestern sichtlich erfreut.
Ein Sprecher des Wohnprojekts war weniger euphorisch: „Am liebsten würden wir natürlich in der Rigaer bleiben.“ Man habe der Ersatzlösung nur widerwillig zugestimmt, aber angesichts der drohenden Räumung habe der Senat den Bewohnern „die Pistole auf die Brust gesetzt“. Der Umzug ist jetzt für Ende August anvisiert, bis dahin müssten aber noch „Knackpunkte“ geklärt werden. Fraglich sind die künftige Miethöhe und die genaue Gestaltung des geforderten kollektiven Wohnraums. „Unsere Bedingung ist außerdem eine einvernehmliche Lösung mit den jetzigen Mietern in der Simplonstraße“, so der Sprecher.
Der Streit um die Rigaer 94 war eskaliert, nachdem das Berliner Landgericht im Dezember vergangenen Jahres eine Erneuerung des Rahmenmietvertrags abgewiesen hatte. Dieser sollte dem seit über zehn Jahren legal existierenden Wohnprojekt eine kollektive Struktur sichern. Gleichzeitig gab das Gericht einem Räumungsbegehren des Hauseigentümers für einen Teil des Gebäudes statt. Nachdem Mitte März Mitglieder des Wohnprojekts eine Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses gestört hatten, bot Innensenator Körting seine Vermittlung an.
MARKUS MAXIMILIAN POHL
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