Geerntet wird erst im November: Das Ziel heißt Landmanagement
von RALF SOTSCHECK
Die Vorschläge zur EU-Agrarpolitik gehen der britischen Regierung nicht weit genug. Schon Margaret Thatcher hätte die Subventionen in den 80er-Jahren am liebsten ganz abgeschafft, stieß bei ihren EU-Kollegen aber auf taube Ohren. Die Labour-Ministerin für ländliche Angelegenheiten, Margaret Beckett, sagte vorige Woche: „Die Reformen führen nicht dazu, dass das ausufernde Agrarbudget gestutzt wird. Wir müssen aber Jahr für Jahr die Kosten senken.“
Die Regierung sieht die Reform als Chance, von der intensiven Landwirtschaft wegzukommen. Diese Intensivierung wurde auf der Insel seit dem Zweiten Weltkrieg konsequenter vorangetrieben als in jedem anderen europäischen Land. Zwei Drittel der Kleinbauern, mehr als 330.000, mussten seitdem aufgeben. Die Maul- und Klauenseuche hat eine breite Diskussion über die Zukunft der Landwirtschaft entfacht. Zum ersten Mal wird nun die Frage nach ihrem ökonomischen Nutzen gestellt, denn sie trägt nur 1,3 Prozent zum Bruttosozialprodukt bei.
Das künftige Ziel macht jüngst Umweltminister Michael Meacher deutlich: „Wir versuchen jetzt, umweltpolitische Ziele mit der Landwirtschaft zu verbinden. Es kostet natürlich Geld, wenn man den Schritt von der intensiven Landwirtschaft hin zum verantwortungsbewussten Landmanagement machen will.“
Eine eigens eingesetzte Kommission hat vorgeschlagen, die Subventionen abzuschaffen, es sei denn, sie werden zum öffentlichen Nutzen im Umweltbereich eingesetzt. Die Qualität der Lebensmittel und das Wohlergehen der Tiere sollen verbessert, Bauern und Konsumenten auf lokalen Märkten einander näher gebracht werden, um gegenseitiges Verständnis zu wecken. Bauern sollen sich umschulen lassen und diversifizieren, etwa in Richtung Tourismus. Sie sollen effizienter werden, jedoch nicht auf Kosten der Umwelt oder der Qualität ihrer Produkte.
Der Bericht geht nicht auf globale Handelsfragen oder auf die Auswirkungen der Landwirtschaft auf die Umwelt ein. Kommissionsleiter Donald Curry schätzt, dass für die Umsetzung seiner Vorschläge umgerechnet 781 Millionen Euro benötigt werden. Margaret Beckett kam dagegen auf 1,78 Milliarden Euro, weil Curry einige Posten vergessen hatte, zum Beispiel den Schutz gegen illegale Importe und die Pflichtversicherungen. Ob Beckett das Geld bekommt, ist zweifelhaft, die Bereiche Gesundheit, Bildung und Rüstung haben bei der Labour-Regierung Vorrang.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen