: Allgemeine Verunsicherung
Tarifverhandlungen im Hamburger Einzelhandel gehen nun doch weiter. Die Beschäftigten der US-Handelskette Wal-Mart streiken zwei Tage für Tarifbindung
Die bewusst nicht vertraulich gehandelten Überlegungen der Gewerkschaft ver.di, womöglich auch Streiks zu Beginn des Sommerschlussverkaufs durchzuführen (taz berichtete), zeigen Wirkung: Am Montag kehren die Hamburger Einzelhändler nun doch an den Verhandlungstisch zurück, um über einen neuen Tarifvertrag für die 65. 000 VerkäuferInnen im Einzelhandel der Hansestadt zu sprechen. Bereits heute könnte es im Saarland zu einem Kompromiss kommen. „Wir hoffen, dass die Arbeitgeber ein verhandlungsfähiges Angebot mitbringen“, so ver.di-Sprecherin Sabine Bauer.
Damit ist überaschenderweise ohne weitere Arbeitskampfmaßnahmen wieder Bewegung in den festgefahrenen Tarifpoker gekommen. In den vergangenen Wochen war es bei den Karstadt- und Kaufhof-Warenhäusern sowie beim Otto-Versand zu ganztägigen Streiks gekommen. Die Einzelhändler hatten zuletzt 1,7 Prozent mehr Gehalt angeboten, ver.di erwartet zumindest eine deutliche „3 vor dem Komma“. Nach vier erfolglosen Treffen hatten sich zuletzt die Unternehmer sogar geweigert, über die Fortschreibung eines Tarifvertrags zu sprechen.
Mit einem zweitägigen Streik versuchen die Beschäftigten des weltweit größten Einzelhandelskonzern, Wal-Mart, in den 95 Filialen in Deutschland – in Hamburg am Berliner Tor, St. Pauli und in Oststeinbek – überhaupt in den Genuss eines Tarifvertrags zu kommen. Wal-Mart gilt auf dem deutschen Markt als aggressivste Handelskette. Selbst in den deutschen Filialen wird oft US-Mentalität gepflegt: Eine Mischung aus religiöser Sekte und Wal-Mart-Cheer, Basisdemokratie und knallhartem Business – zum Wohl des Konzerns. Leistung wird durch Prämierung und Belobigung honoriert.
Doch die Beschäftigten merken auch, dass die Auszeichnungen keine Rechtsverbindlichkeit haben, stattdessen immer mehr Personal abgebaut wird, um die Gewinne zu erhöhen. Sie fordern daher einen Haustarif oder die Tarifbindung durch Eintritt in den Einzelhandelsverband.
Wal-Mart mit Sitz in Betonville (Arkansas) zählt außerhalb der USA laut der Bilanz im 2. Quartal dieses Jahres 303.000 MitarbeiterInnen. Der Konzern konnte nochmals den Umsatz um fast 18 Prozent auf 8.99 Milliarden Dollar steigern. Der Gewinn lag bei 1,6 Milliarden Dollar. Magda Schneider
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