■ Reaktionen zur Berichterstattung über den Berliner Bankenskandal: Mitschuld der Profiteure
betr.: „Gebt her eure Anteile!“, „Neue Stunde Null“, taz vom 17. 7. 02
Alle, die aus Geldgier oder Dummheit bzw. als Insider (zum Beispiel Banker, Politiker) sich an dem großen Raubzug auf die Kassen der Berliner beteiligten, sehen in der Flucht nach vorn – mit der Drohung der Justiz – den Ausweg, um die auf Jahrzehnte geplante Abzocke der Berliner zu erhalten.
Dabei ist es doch durchsichtig, weil die meisten Fonds ja nur parteiintern (vor allem in der CDU, aber nicht nur dort) gehandelt wurden, die den normalen Bürger ausschloss. Nun sind tatsächlich Prozesse zu erwarten, die (wieder einmal) die deutsche Justiz (auch Richter gehören zu den Abzockern) als das bloßstellen wird, was sie ist: Interessenverterter der Kapitals. […]
GERHARD ROSENBERG, Berlin
betr.: „Form der Realitätsverweigerung“ (Interview Harald Wolf, PDS-Fraktionschef), „Profiteure sind nicht schuld“ (Kommentar von Robin Alexander), taz vom 20. 7. 02
Wenn Robin Alexander in seinem Kommentar nur das zusammenfasst, was Harald Wolf (von dem ich sehr enttäuscht bin) im Interview mit ihm gesagt hat, dann brauche ich einen solchen nicht. Von der taz erwarte ich, dass sie gerade in einem solchen Fall auch anderen Sichtweisen Raum einräumt und nicht einfach die Senatsmeinung nachgeplappert wird. Sicher kann der moralische Druck, der jetzt auf die Anleger ausgeübt wird, nur ein Tropfen auf den heißen Stein der Stadtkasse sein, aber bei den Verantwortlichen wird man auch nicht das Geld wieder herausholen, das die Stadt da hineingepumpt hat und noch pumpen wird. Außerdem sollte man ungebremste Profitgier (und darum geht es bei den Anlegern) auch und besonders bei Leuten kritisieren (können), die aus dem „eigenen Milieu“ kommen. Deshalb sehe ich auch eine Mitschuld der Profiteure.
Wenn man auf die „Altlinken“ nicht nur verbal einschlagen, sondern vielleicht auch mal zuhören würde, wäre vielleicht doch noch etwas zu gewinnen. Ich war auf der Demo vor dem ICC, und wenn dort ein Rechtsprofessor paragrafensicher nachweist, dass die Anlageverträge unsittlich waren und damit rückgängig gemacht oder geändert werden könnnen, sollte dieser Weg von den Verantwortlichen dieser Stadt wenigstens in Erwägung gezogen werden, statt eine „Risikoabschirmung“ über Jahrzehnte zu beschließen. Aus welchen Gründen auch immer wird ein solcher Weg beim Senat offensichtlich nicht mal diskutiert, sonst könnte man ja Argumente dagegen vernehmen, oder?
Und wenn Harald Wolf darauf hinweist, dass die Stadt ja auch so schon 50 Mrd. Euro Schulden hat und meint, die 20 Mrd. Risikoabschirmung spielten dabei keine so gewichtige Rolle und der Kampf der „Altlinken“ und von attac dagegen sei eine Form von Realitätsverweigerung, frage ich mich, welche Realitäten Harald Wolf denn im Kopf hat. Das hört sich für mich so an, als wenn einem Kranken der Todesstoß versetzt werden würde, und dies mit der Begründung, er sei ja ohnehin schon krank. Sonderbare Logik.
MARTIN ZEISE, Berlin
betr.: „Bankenkritiker planen liebe Bankparade“, taz vom 26. 7. 02
„Die Initiative hatte Schreiben an Fondszeichner mit Freistemplern der FU frankiert; betroffene Anleger hatten Gaehtgens darauf aufmerksam gemacht.“
Schön, wenn Herr Grottian sich einmischt – genug Dreck zum Drinrumrühren ist ja offensichtlich da. Aber das soll er dann bitte mit seinem eigenen Geld und aus seinem Wohnzimmer tun. Sonst bewegt er sich nämlich auf demselben Niveau wie die Bankmanager und Fondsinsider, die er anprangert: Interessen mit dem Geld anderer Leute durchsetzen. MALTE PRIESMEYER
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