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Mehr ist weniger

Die südliche Deichtorhalle wird zum Haus der Fotografie. Die Sammlung Gundlach bleibt in Hamburg, doch das Konzept der Hallen ist damit tot

von HELENE BUBROWSKI

Spekuliert wurde schon lange über die Zukunft der Deichtorhallen. Gerüchte über eine Teilung oder gar Schließung des renommierten Zentrums zeitgenössischer Kunst machten die Runde. Damit soll nun schnellstens Schluss sein, denn die Gerüchte hätten die Arbeit von Direktor Zdenek Felix beeinträchtigt, so Kultursenatorin Dana Horáková. Weshalb sie gestern Nachmittag eiligst die Ergebnisse einer Sondersitzung des Aufsichtsrates der staatlichen Deichtorhallen GmbH vorstellte.

Und die sehen eine neue konzeptionelle Schwerpunktsetzung vor: Ab August 2003, also nach dem planmäßigen Amtsabtritt von Felix, sollen die Deichtorhallen die Fotosammlung des Stifters F. C. Gundlach beherbergen. Die Südhalle wird vollständig der Fotokunst gewidmet sein, nur in der Nordhalle wird weiterhin auch bildende Kunst gezeigt. Gundlach wird zudem Kurator und Gründungsdirektor der Deichtorhallen, ihm zur Seite werde ein noch nicht bekannter Ausstellungsdirektor stehen, so Horáková. Das Kunstzentrum am Rande der Speicherstadt bleibe eine staatliche GmbH, versicherte die Senatorin. Für Umbau- und Sanierungsarbeiten würden aus dem Investitionsfonds der Kulturbehörde 2,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

Mit dieser Entscheidung ist der Fortbestand der Ausstellungsräume gesichert. Außerdem bleibt damit die 12.000 Werke umfassende Sammlung des ehemaligen Modefotografen Gundlach, die als eine der bedeutendsten in Europa gilt, in Hamburg und wandert nicht nach Berlin ab. Und die Fotografie bekomme in einer „lebendigen Begegnungsstätte“ endlich die „Wertschätzung, die sie verdiene“, findet Gundlach. In Paris und New York beispielsweise seien die Museen sich schon lange ihrer kulturellen und auch wirtschaftlichen Bedeutung bewusst. Ein Haus der Fotografie hat es in Hamburg bisher nicht gegeben.

Doch die Stadt wird nicht nur um einen kulturellen Standortfaktor reicher, sie verliert mit dieser Entscheidung auch einen: Das bisherige Konzept der Deichtorhallen als Forum für internationale zeitgenössische bildende Kunst. Ein Fotohaus wäre schließlich auch in einem anderen Gebäude denkbar.

Auf lange Sicht ist davon auszugehen, dass die Nordhalle, die ohnehin häufiger als bisher vermietet werden soll, um die Eigeneinnahmen zu steigern, vernachlässigt wird. Eine Teilung der Hallen und damit das Ende der Deichtorhallen zeichnet sich mit dieser Entscheidung ab.

Doch Gundlach und Felix sprechen von der „Fortführung ihrer gemeinsamen Arbeit“, ab dem kommenden Jahr mit getauschten Rollen. Für Gundlach, den Initiator der „Triennale der Fotografie“ in Hamburg, habe sich ein „Wunschtraum“ erfüllt, und auch für die Kultursenatorin ist die Entscheidung ein „gutes Omen“. Doch Mitarbeiter der Deichtorhallen sind entrüstet: Wofür sie seit Jahren „geschuftet haben“, werde „damit zerstört“.

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