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Chaotische Zustände herbeigekürzt

Laut DGB fehlen rund 40.000 Lehrstellen, um alle Bewerber unterzubringen. Selbst Senat streicht Ausbildungsplätze

Wenn die Arbeitslosigkeit zunimmt, trifft es eine Gruppe immer besonders hart: Jugendliche und junge Erwachsene. Da sie nicht ausgebildet sind oder über wenig Berufserfahrung verfügen, haben Firmen geringes Interesse, sie einzustellen. Ein Grund dafür ist die anhaltende Misere auf dem Ausbildungsmarkt: Wenige Wochen vor dem Beginn des neuen Ausbildungsjahres suchen noch rund 28.000 Jugendliche in Berlin und Brandenburg eine Lehrstelle. Zählt man diejenigen hinzu, die auch in den vergangenen Jahren keine Ausbildungsstelle bekommen haben, fehlen in der Region rund 40.000 Lehrstellen, rechnet DGB-Vize Bernd Rissmann vor.

Die Hauptursache dafür: Immer weniger Betriebe bilden überhaupt Jugendliche aus. In Berlin stehen in diesem Jahr nur knapp 11.000 betriebliche Ausbildungsplätze zur Verfügung, noch einmal mehr als 1.200 weniger als vor einem Jahr. Auf diese Ausbildungsplätze bewerben sich rund 28.000 Jugendliche.

Auch in Brandenburg gibt es eine strukturelle Lücke zwischen Angebot und Nachfrage nach Ausbildungsplätzen. Hier könne allerdings die Ausbildungslücke durch das persönliche Engagement von Minister Alwin Ziel und durch staatliche Förderprogramme in diesem Jahr noch einmal geschlossen werden, hofft Rissmann. In schulähnlichen Ausbildungsgängen wird tausenden Brandenburger Jugendlichen eine Ausbildung angeboten. Ohne solche staatlich finanzierten Ausbildungen wäre das System der Berufsausbildung ohnehin längst zusammengebrochen.

In Berlin drohen dagegen „chaotische Zustände“, warnt Rissmann. Schuld seien auch die Haushaltskürzungen des rot-roten Senats. Rund 1.150 Ausbildungsplätze im Bund-Länder-Programm sowie rund 600 Ausbildungsplätze bei einem auf Jugendliche ohne Schulabschluss zugeschnittenenen Qualifizierungsprogramm fehlten in diesem Jahr. Rissmann: „Die Kürzungen durch den Finanzsenator in diesem besonders sensiblen Bereich der Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit werden sich in diesem Jahr folgenschwer auswirken.“ Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit müsse das Thema zur Chefsache erklären und entsprechend handeln. Letztlich sei es günstiger, in die Ausbildung junger Menschen zu investieren, als „neue Sozialhilfefälle zu produzieren“. Wer keine Ausbildung oder keinen Job finde, könne nur zum Sozialamt gehen.

Hart ins Gericht ging Rissmann auch mit der Einstellungspolitik des Landes. Die Ankündigungen des Senats, die Zahl der Ausbildungsplätze im öffentlichen Dienst drastisch zu reduzieren, seien ein „verheerendes Signal“. Die Politik müsse aber nicht nur die Wirtschaft mehr in die Pflicht nehmen, sie müsse auch mit guten Beispiel vorangehen.

Das will auch der DGB-Landesbezirk Berlin-Brandenburg. Er bietet neben zehn betrieblichen Ausbildungsplätzen auch 25 Plätze in einer so genannten Verbundausbildung. Dabei teilen sich mehrere Betriebe, denen die Ausbildung eines Azubis zu teuer ist, die Kosten. Der neue Wirtschaftssenator müsse in den Betrieben viel mehr als bisher für dieses Modell werben, so Rissmann. Zudem stellt der DGB weitere 91 Plätze über eine Ausbildungsagentur zur Verfügung. Rissmann: „Das alles ist leider nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“ RICHARD ROTHER

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