Kein Methadon

Gericht stoppt Bundesregierung: Methadon gibt es weiterhin nur für Heroinsüchtige mit Zweitkrankheiten

BERLIN taz ■ Das Leben für alle Heroinabhängigen sollte sich in dieser Woche ändern: Jeder von ihnen sollte Methadon bekommen – von den Krankenkassen finanziert. Bisher erhalten nur Heroinabhängige mit Zweitkrankheiten wie HIV oder Hepatitis C den Ersatzstoff. Eine „Ersatzvornahme“ des Bundesgesundheitsministeriums wollte diese Einschränkung aufheben. Doch das Landessozialgericht in Essen hat dies vorerst gestoppt. Geklagt hatte der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen.

Das Argument der Kassen: Die Methadonsubstitution allein kuriere nur das Symptom – mache aber nicht gesund. Der Vorsitzende des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen, Karl Jung, fordert daher, dass die Ersatzvornahme eine umfassende Behandlung für die Drogensüchtigen definiert.

Das Ministerium wiederum hält es für unsinnig, Heroinsüchtige erst in das Methadonprogramm aufzunehmen, wenn sie sich eine zweite Krankheit eingefangen haben. Diese Meinung teilen auch viele Ärzte. Um die Blockade zwischen Kassen und Ärzten aufzulösen, griff die Politik erstmals in der bundesdeutschen Geschichte zum Instrument der „Ersatzvornahme“.

Seitdem werden die Gerichtsinstanzen beschäftigt: Die Bundesausschuss reichte eine Klage und einen Eilantrag beim Sozialgericht in Köln ein. Während über die Klage noch nicht entschieden ist, wurde der Eilantrag abgelehnt. Also legte der Bundesausschuss Beschwerde ein beim Landessozialgericht in Essen. Dies wiederum gab dem Eilantrag statt – allerdings nur mit einer „Zwischenentscheidung“. Dies sei keine „inhaltliche Entscheidung“, erklärte eine Sprecherin des Gerichts. Man wollte verhindern, dass Tatsachen geschaffen werden. „Wäre die Regelung in Kraft getreten, hätten die Ärzte mit der Behandlung beginnen müssen. Nach einem Urteil hätte man die Behandlung möglicherweise wieder abbrechen müssen.“ Das Verfahren dürfte sich noch eine Zeitlang hinziehen. NICOLE KUHN