piwik no script img

bush und die unoLangfristige Bedrohung

Die Drohungen werden von Tag zu Tag deutlicher: Wenn du unsere Bedingungen nicht akzeptierst, bist du für uns kein Gesprächspartner mehr – wenn du uns nicht folgst, dann handeln wir allein. Präsident Bush droht – und gibt dem Bedrohten eine letzte Chance, zu entkommen. Adressat ist nicht etwa der Irak. Bedroht werden die Vereinten Nationen –, laut ihrer Charta gegründet, um „künftige Generationen vor der Geißel des Krieges zu bewahren“.

Kommentarvon ERIC CHAUVISTRÉ

In den Augen von Präsident Bush hat der UN-Sicherheitsrat den Krieg gegen den Irak abzusegnen: Er soll Bagdad eine Frist setzen und die Hürden für Inpektionen so hoch legen, dass es schließlich zu einer Konfrontation mit dem Irak kommt. So wird sich die US-Regierung schließlich bei einem Angriff innen- wie außenpolitisch auf die Autorität der UNO berufen können – nur darum geht es dem Präsidenten.

Bushs Plan könnte aufgehen. Denn der UN-Sicherheitsrat ist selbstverständlich kein Gremium, dessen Mitglieder weise waltend nur den Frieden der Welt im Sinn haben. Man sollte ihn als das sehen, was er ist: Eine Versammlung großer Militärmächte, die ihre Interessen ausbalancieren. Seine Zustimmung ist deshalb keine moralische Legitimation für einen Krieg.

Man muss den Sicherheitsrat deswegen nicht abschaffen wollen. Er kann immerhin verhindern, dass die Großmächte bei einem Konflikt auf unterschiedlichen Seiten stehen. Wenn das Gremium aber offensichtlich nur die militärischen Pläne seiner ständigen Mitglieder legitimieren soll, wird es auf Dauer an Autorität verlieren. Und wenn zwei seiner Mitglieder – die USA und Großbritannien – offen damit drohen, bei einer Nichtzustimmung des Sicherheitsrats allein zu handeln, bleibt den anderen Mitgliedern ohnehin nur die Wahl zwischen blinder Gefolgschaft und dem Fall in die Bedeutungslosigkeit. Was Bush als Stärkung der UNO verkauft, ist deshalb nichts anderes als die erpresserische Instrumentalisierung ihrer Institutionen.

Leider wird dies nicht nur dem Sicherheitsrat, sondern langfristig der Organisation als Ganzem schaden. Deshalb ist es legitim und richtig, den Krieg der US-Regierung auch dann nicht zu unterstützen, wenn sie einen Freibrief des UN-Sicherheitsrats erhält. Denn die Organisation der Vereinten Nationen ist erhaltenswert: als Forum zur Schlichtung von Konflikten und zum Ausgleich von Interessen, nicht aber als Erfüllungsgehilfe für hoch gerüstete Militärmächte und als Kriegspartei auf Abruf.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen