nebensachen aus moskau: Russlands Präsident Putin wird 50
Die organisierte Begeisterung kennt keine Grenzen
Manchmal mag die Liebe der Nächsten auch erdrücken. Wladimir Wladimirowitsch Putin kann davon inzwischen ein Lied singen – (Sommerhit: „Ich will so einen wie Putin“) – und begeht daher seinen 50. heute nicht im Kreis von Familie und Hofschranzen. Er flieht – nach Kischinew, an die Moldau, zum Gipfeltreffen der GUS-Staaten.
Dort bläst ein schärferer Wind. Denn Weißrusslands angezählter Pantokrator Alexander Lukaschenko und der georgische Intimfeind, Eduard Schewardnadse, haben ihre Teilnahme zugesagt. Nun ist der Kremlchef bescheiden, wie es einem guten Zaren geziemt und wovon der anspruchsvollere Hofstaat im Vorfeld der Feierlichkeiten zu berichten nicht müde ward. Einen Wunsch, der bislang nicht in Erfüllung gehen sollte, hegt Putin dennoch sehnlichst. Zu gern hätte er das Haupt des listigen Georgiers und ehemaligen Geheimdienstkollegen Schewardnadse. Gar nicht mal auf silbernem Tablett müsste es dargeboten werden. Bislang ohne Erfolg. Doch sein Skalp bleibt strategisches Ziel.
Unterdessen überlegt die Gilde der russischen Juweliere, dem Jubilar die kostbarste Kopfbedeckung zu überreichen, die Russland zu bieten hat. Seit Monaten sitzen die Meister aus dem Ural an einer Kopie der „Schapka Monomacha“, der legendären, mit Brillanten, Diamanten und Gold besetzten Mitra, die einst Byzanz’ Imperator Konstantin dem Fürsten Wladimir Monomach schenkte. Seither gilt die Schapka als Symbol russischer Autokratie und Inbegriff nationalen Reichtums. Gleichsam ein Stück stille Reserve.
Modeschöpfer und Multimillionär Anatoli Klimin – Firmenlabel Tom Klaim – organisiert die Hutshow. Den billigen Pelz der Meister vom Ural ließ er auf die Schnelle gegen Zobel austauschen. Auf 10 Millionen US-Dollar ließ sie der Modezar versichern. Gleichwohl dürfen Geschenke an Staatsbedienstete dreihundert Dollar nicht übersteigen, sonst setzt sich der Gönner dem Verdacht der Bestechung aus. Daher die ungeklärte Frage: Wer wird das Meisterstück übergeben und wo …?
Die Gabe des Generalstabs dürfte den Pferdefreund Putin ebenfalls erfreuen. Die Generäle überschrieben kurzerhand das 11. Kavallerieregiment in Alabino, das gelegentlich für historische Filmaufnahmen in die Schlacht ritt, dem Staatschef. Jahre dauerte es, bis sie sich des kostenträchtigen Postens elegant entledigen konnten. Ein dreifaches Hurra auf den Präsidenten, dem es in letzter Zeit besonders Araberhengste angetan haben, und seine Bescheidenheit!
Die organisierte Begeisterung kennt keine Grenzen. Die Kremlpartei „Jedinnaja Rossija“ (Einig Russland) verschickte hunderttausende leerer Glückwunschkarten in die Provinz mit vorgedruckter Rückadresse: Moskau, Kreml, W. W. Putin. Die 5.800, die in Weliki Nowgorod eintrafen, reichten nicht einmal. Dort kauften Kinder vom eigenen Geld Kärtchen. Drei große Säcke für den Herrscher seien schon voll. Millionen Grüße und individuelle Wünsche werden zusammenkommen. Nach dem Motto: Tu bitte mehr für uns Kinder und schick mir doch einen Computer. Der taube Dima Netak hatte damit schon Erfolg. Der 10-Jährige schenkte Putin einen selbst gebastelten Globus. Die Weltkugel und eine Ikone des russischen Patriarchen sind die einzigen Gaben, die der Präsident auf dem Schreibtisch duldet. Das ist es wohl, was der Kreml unter direkter Demokratie versteht.
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