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Nullrunde im Sauseschritt

Arztgehälter sollen eingefroren, Krankenkassen-Beitragserhöhungen verboten werden

BERLIN taz ■ Mit dem Lesen müssen sich die Koalitionäre beeilen. Bis zum Wochenende wird im Gesundheitsministerium noch an dem Sparpaket gefeilt, das so schön „Vorschaltgesetz“ heißt. Am Montag und Dienstag sollen die Fraktionen es beschließen. Für den 15. November ist die abschließende Lesung im Bundestag angesetzt.

Dass Ministerin Ulla Schmidt (SPD) es eilig hat mit dem Sparpaket, das unbedingt am 1. Januar 2003 in Kraft treten soll, wundert wenig: Das geschätzte Defizit, mit dem die Krankenkassen das Jahr abschließen, liegt inzwischen nicht mehr bei gut einer, sondern bei 1,5 bis 1,7 Milliarden Euro. Durch Kostenverlagerungen aus der Arbeitslosenversicherung – nicht zuletzt durch das Hartz-Konzept – werden den Kassen vermutlich weitere 1 bis 1,5 Milliarden aufgebürdet.

Erbracht werden soll dieses Geld durch ein Vorschaltgesetz, das mit dem ursprünglichen Entwurf fast nur noch den Namen gemeinsam hat – und das den Kassen statt der ursprünglich geplanten 1,4 Milliarden Euro jetzt etwa drei Milliarden Euro einbringen soll. Erreicht werden sollen die zusätzlichen Einsparungen unter anderem mit einer „Nullrunde“ für Ärzte, Zahnärzte und Krankenhäuser, die auf massiven Widerstand stoßen dürfte. Üblicherweise sind die Honorare an die allgemeinen Einkommen gekoppelt.

Außerdem wurde gestern aus Koalitionskreisen bekannt, dass Schmidt den Krankenkassen mithilfe eines gesetzlichen Beitragsstopps verbieten will, nach einem bestimmten Stichtag ihre Beiträge zu erhöhen. Und: Der Wechsel zu privaten Kassen soll nun doch für alle Versicherten – und nicht nur für Berufsanfänger – erschwert werden.

Damit dürfte Schmidt bei so manchem aber zu spät sein: Nach Angaben der privaten Kassen haben diese im ersten Halbjahr des Jahres bereits 100.000 neue Mitglieder begrüßt. Die Betriebskrankenkassen, die mit einem Beitragssatz von 13,2 Prozent relativ günstig sind, verzeichneten bis Ende Oktober 700.000 neue Mitglieder. Der Entwurf des Vorschaltgesetzes sieht weiterhin vor, dass Pharmafirmen, Großhändler und Apotheker gezwungen werden sollen, den Kassen Rabatte zu gewähren. Als Schmidt die Rabattpflicht voriges Jahr schon einmal durchzusetzen versuchte, wurde ihr allerdings ganz fix Unterricht in Lobbyismus erteilt: Die versammelte Pharmaindustrie benötigte exakt einen Abend im Kanzleramt, um den Plan zu kippen.

Künftig, so will es der Bundeskanzler, sollen die mächtigen Vertreter der Gesundheitsbranche nicht mehr einzeln bei ihm vorstellig werden, sondern sich gemeinsam die Köpfe zerbrechen. Auch die Gesundheitsversorgung soll, so Schröder, „nach dem Muster reformiert werden, mit dem wir bei der Hartz-Kommission Blockaden beseitigt haben“. Als Namen potenzieller Vorsitzender der Kommission kursieren der des Rentenexperten Bert Rürup sowie des IG-Chemie-Vorsitzenden Hubertus Schmoldt. JEANNETTE GODDAR

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