Mit Maß und Milde

Huberta Knöringer ist die Richterin im Verfahren gegen die Haffa-Brüder. Zuletzt hatte sie über Boris Becker zu urteilen

MÜNCHEN taz ■ Dutzende Fotografen und Kameraleute in ihrem Sitzungssaal ist Huberta Knöringer bereits gewohnt. Die Vorsitzende der Vierten Strafkammer des Landgerichts München I avancierte dieses Jahr zur Richterin für Promis. Erst vorletzte Woche verurteilte die 54-Jährige den Tennisstar Boris Becker zu zwei Jahren Gefängnis, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung. Nun folgt der Prozess gegen Thomas und Florian Haffa.

Die Medien schreiben Knöringer längst zur Berühmtheit hoch. Um keine andere Münchner Richterin wird ein vergleichbarer Rummel gemacht. Es wird registriert, dass drei gerahmte Fotos einer Jordanienreise ihr Büro im fünften Stock des Strafjustizzentrums schmücken. Sie wird nach Einzelheiten aus ihrem Privatleben gefragt und antwortet brav: „Ich koche auch sehr gerne, fast jeden Abend.“ Sie bekennt sich zu stinknormalen Hobbys: Bergsteigen, Skifahren, Schwimmen und Radeln.

Doch wie hält sie’s mit den Promis vor Gericht? Sie wahrt mehr Distanz als ihr Berufsrichterkollege im Becker-Prozess. Der verabschiedete sich per Handschlag vom millionenschweren Steuerhinterzieher freundlich und fast ehrfürchtig: „Herr Becker, alles Gute!“ Knöringer dagegen himmelte den Angeklagten nicht an. Allerdings ließ sie ihn in der Urteilsbegründung sehr gut wegkommen. Minutenlang erklärte sie, was sie dem dreifachen Wimbledonsieger strafmildernd zugute hält. Nur ein Satz zu seinen Lasten ging ihr über die Lippen: die Höhe des hinterzogenen Geldes, 1,7 Millionen Euro. Milde Zurückhaltung ließ sie auch bei der Feststellung von Beckers Vermögensverhältnissen walten, die sie nur ansatzweise klärte, obwohl davon die Geldstrafe abhing.

Für sie und ihr Urteil spricht, dass sowohl die Staatsanwaltschaft als auch Becker ihr Urteil annahmen und auf einen Revisionsantrag verzichteten.

OLIVER HINZ