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Strichcode kommt ins Museum

Die schwarzweißen Balken auf Verpackungen werden künftig durch Minisender ersetzt und Preise automatisch eingelesen. Forscher: „Enormes Rationalisierungspotenzial“

BERLIN taz ■ Das könnte viele Lagerarbeiter und Kassiererinnen den Job kosten: Der gute, alte Strichcode soll aus der Einkaufslandschaft verschwinden. Konkurrenz kommt von elektronischen Etiketten, den so genannten Tags. Diese kleinen Sender übermitteln der Kasse den Preis automatisch. Die Computerchips mit Antennen sind so winzig, dass sie nicht nur aufgeklebt, sondern sogar in Verpackungen oder Eintrittskarten eingearbeitet werden können.

Ihr Vorteil: Anders als Strichcodes geben die Tags nicht nur Daten ab, sondern speichern auch Informationen. Forscher des Fraunhofer-Instituts schwärmen von einem „unerschöpflichen Potenzial für Rationalisierung“, wenn sich die neue „Radiofrequenz-Identifikation“ (RFID) durchsetzt. Etwa 50 Hersteller sollen sich weltweit ein Wettrennen um die besten Tags liefern.

Doch bis Einkaufswagen mit Kassen tatsächlich „sprechen“, könnte es noch eine Weile dauern. Der Strichcode zum Beispiel versprach auch Arbeitsvereinfachungen. Trotzdem wurde die neue Technik nach der Patentierung 1949 erst 25 Jahre später eingeführt. Im Juni 1974 las erstmals ein Supermarkt-Scanner in Ohio den Barcode einer Packung Kaugummi. 1977 wurde in Brüssel die EAN-Vereinigung gegründet. Diese Organisation, in Deutschland durch die Kölner „Centrale für Coorganisation“ vertreten, vergibt seither europäische Artikelnummern, die mit den US-Strichcodes kompatibel sind.

Über 900.000 Unternehmen in 129 Ländern leisten sich heute EAN-Strichcodes, die pro Jahr zwischen 100 und 400 Euro Gebühr und einen umsatzabhängigen Beitrag von 110 bis 8.100 Euro kosten. Eine EAN-Nummer besteht aus drei Teilen. Die internationale Lokationsnummer gibt das Land an, in dem der Code beantragt wurde (zum Beispiel „40“ für Deutschland), dann folgt die Nummer der Firma und die Artikelnummer. Die Streifen machen die EAN-Nummer maschinenlesbar.

Strichcodes gibt es nicht nur im Kaufhaus. Entsorgungsbetriebe identifizieren mancherorts Müllcontainer mit Strichcodes. In großen Krankenhäusern bekommen Patienten Strichcode-Armbänder.

Das Problem der neuen Tags ist bislang vor allem ihr Preis. Anwender zahlen 15 bis 30 Cent pro Stück. Entscheidend billiger werden die Chips aber vermutlich erst in ein paar Jahren. Die ersten Projekte bereiten aber das Zeitalter der Wegwerfelektronik vor: British Airways testet elektronische Kofferanhänger, Nestlé hat ein Milchlager mit RFID-Technik ausgestattet, Ford die Herstellung eines Minivans. Der Supermarktkonzern Wal-Mart will bei einem Transponder-Preis von 1 Cent einsteigen. Der Chiproduzent Intel hat angekündigt, bis 2009 alle Chips mit Sendern herzustellen.

Unklar ist noch, wie die Frequenzen vergeben werden. Bei der Suche nach international einheitlichen Standards ist die Brüsseler EAN-Vereinigung wieder im Geschäft. Diese hat bereits einen ersten RFID-Standard entwickelt, der für das Erfassen von 250 Tags in fünf Sekunden und eine Reichweite von zwei Metern ausgelegt ist. Er beruht auf dem Code EAN-128. Der Strichcode mit der EAN-Zahl verschwindet nicht. Doch er wird unsichtbar und kommt in Zukunft eben als Funksignal daher.

MARTIN EBNER

www.service.ccg.de (Adressdatenbank der EAN-Teilnehmer)www.essist.fhg.de (Einkaufswelt der Zukunft aus Sicht der Fraunhofer-Forscher)

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