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Denkzettel für die Parteivorsitzende

Auf dem CDU-Parteitag in Hannover stimmen mehr als 20 Prozent der Delegierten nicht für Merkels Wiederwahl

BERLIN taz/dpa ■ Kaum hat die CDU-Vorsitzende Angela Merkel den Höhepunkt ihrer Macht errungen, da bekommt sie schon die ersten Schrammen. Mehr als 20 Prozent der Delegierten votierten auf dem gestrigen Bundesparteitag in Hannover nicht für Merkels Wiederwahl. Von den 978 anwesenden Christdemokraten verzichteten 160 ganz auf eine Stimmabgabe beim wichtigsten Tagesordnungspunkt, 50 stimmten mit Nein und 22 enthielten sich. Allein die Parteisatzung, nach der Enthaltungen nicht mitgezählt werden, verhalf Merkel offiziell zu einem respektablen Ergebnis von 93,7 Prozent. Diese Zahl lag nur knapp unter jenen 96 Prozent, die Merkel vor zweieinhalb Jahren als Hoffnungsträgerin in der Spendenkrise erhalten hatte.

Bei den Wahlen der übrigen Mitglieder von Präsidium und Vorstand erhielten Merkels Gegner deutlich mehr Zustimmung als die treuen Anhänger der Parteichefin. So kamen die Merkel-Stellvertreter Jürgen Rüttgers und Christoph Böhr nur auf eine Zustimmung von jeweils 63 Prozent. Hessens Ministerpräsident Roland Koch, der als Konkurrent um die Kanzlerkandidatur 2006 gilt, konnte dagegen 86 Prozent verbuchen. Und der frühere Fraktionschef Friedrich Merz, den Merkel gerade erst von seinem Amt verdrängt hatte, erreichte sogar 93,6 Prozent. Von den Befürwortern Merkels erreichte allein die baden-württembergische Kultusministerin Annette Schavan mit 93,8 Prozent ein ähnlich gutes Ergebnis.

Inhaltlich war der Parteitag von der Einstimmung auf die Landtagswahlen geprägt, die Anfang Februar in Niedersachsen und Hessen stattfinden. Koch kündigte an, er wolle die Wahl in seinem Bundesland zu einer „Volksabstimmung“ über Rot-Grün machen. Wie die taz aus dem Umfeld des Ministerpräsidenten erfuhr, will Koch die kriselnde FDP mit einer Zweitstimmenkampagne über die Fünfprozenthürde hieven, um seine Wiederwahl zu sichern. RAB

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