Sozialplan: Ausgliederung von Altenpflege und Psychiatrie
AWO muss an den Löhnen sparen
Für die 200 AWO-Beschäftigten der Bereiche Psychiatrie, Suchthilfe und Betreutes Wohnen, die in eine gemeinnützige GmbH „AWO Integra“ ausgegliedert werden sollen, hat der Betriebsrat einen Interessenausgleich und einen Sozialplan ausgehandelt. Danach soll es beim Übergang der Beschäftigten eine Besitzstandsgarantie für zwei Jahre geben. Sie werden weiterhin „betriebsverfassungsrechtlich als Teil des Betriebes AWO Bremen“ behandelt und damit vom AWO-Betriebsrat vertreten. Auch wenn es Stellenausschreibungen bei der AWO gibt, sollen Bewerbungen von Integra-MitarbeiterInnen wie interne Bewerbungen behandelt werden. Künftige Betriebsvereinbarungen der AWO Bremen sind auch auf die Integra anzuwenden. Betriebsbedingte Kündigungen wird es aber für MitarbeiterInnen geben, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die AWO Integra widersprechen.
Sinn der Neuorganisation ist aus Sicht der AWO, dass langfristig Personalkosten gespart werden, wenn bei Neueinstellungen nicht mehr die derzeit geltenden Löhne gezahlt werden müssen. Mit privaten Konkurrenten ist die AWO sonst nicht mehr wettbewerbsfähig. Damit die AWO zukunftsfähig bleibe und möglichst viele Arbeitsplätze gesichert würden, müsse „an allen möglichen Stellschrauben gedreht werden, aber vor allem an den Kostenstrukturen“, hatte der Geschäftsführer Burkhard Schiller auf der letzten Betriebsversammlung erklärt. „Ich bin heute nur derjenige, der die schlechten Nachrichten überbringt.“
Hauptursache der Malaise sei die Pflegeversicherung, die die freien Wohlfahrtsverbände „auf den deregulierten Markt geworfen“ und ihnen privatgewerbliche Wettbewerber beschert habe. Der Betriebsrat hat dem Übergang zugestimmt.
Für den größeren Teil der von Ausgliederung Betroffenen, die rund 350 Beschäftigten in der Altenpflege, gibt es einen Tarifvertrag und daher ist die Gewerkschaft zuständig. Am heutigen Mittwoch werden Tarifverhandlungen stattfinden, erklärte der Verdi-Sekretär Uwe Schmidt. Für den ausgegliederten Betrieb gelten tarifrechtlich niedrigere Einkommenssätze als für die Arbeiterwohlfahrt. Auch da geht es in den bevorstehenden Verhandlungen um die Besitzstandsregelung in dem neuen Tarifbereich. Der Verdi-Sekretär ist zuversichtlich, dass für die derzeit Beschäftigten ein Konsens mit der AWO-Geschäftsführung erreicht werden kann. An der „Stellschraube“ Personalkosten könnte die Geschäftsführung dann erst bei Neueinstellungen drehen.
Der Betriebsrat hatte keine rechtliche Möglichkeit, die Ausgliederung zu blockieren. Die Zustimmung zum Interessenausgleich bedeutet daher keine grundsätzliche Zustimmung. Die im September vom AWO-Vorstand beschlossene Ausgliederung hatte der zweite Betriebsratsvorsitzende Arno Ostfeld als „Tarifflucht“ und „drastische Verschlechterung“ für die betroffenen Beschäftigten kritisiert. Ostfeld beklagte eine „Ausbeutung nach kapitalistischer Art“ bei der gemeinnützigen Arbeiterwohlfahrt. K.W.
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