: Später Applaus
Schulsenatorin a. D. gegen Amtsleiterin von heute: Rosemarie Raab diskutierte mit Ingeborg Knipper
So ändern sich die Zeiten: Als Rosemarie Raab (SPD) noch Schulsenatorin war, provozierte ihre Politik 1998 die längste Demo aller Zeiten. Als sie Dienstagabend als Kontrahentin der heutigen Leiterin des Amtes für Schule, Ingeborg Knipper (CDU), über das neue Schulgesetz diskutierte, erntete sie tosenden Applaus.
Der Elternverein hatte geladen, gekommen waren mehr Menschen, als die Aula der Gesamtschule Winterhude Stühle fasste. Die Schulsenatorin a. D. machte klar, dass sie zwar nicht mehr im Dienst, aber immer noch mitten im Thema ist. Sie kritisierte, dass der Entwurf wissenschaftliche Erkenntnisse ignoriere, beispielsweise zu Noten und Berichtszeugnissen, aber auch zu integrierten Regelklassen. Der Entwurf sei mit heißer Nadel gestrickt und ohne breite Diskussion zustande gekommen. Rosemarie Raab prognostizierte, das neue Gesetz werde weitere Entmischung zur Folge haben, und die Verschärfung der Auslese keinerlei Leistungssteigerungen bewirken.
Fast wehmütig sagte sie: „Ich hätte mich gefreut, so eine Studie wie PISA im Rücken zu haben“ und wünscht sich von Knipper, die Chance für Veränderungen zu nutzen, denkt dabei aber in eine andere Richtung als die. Raab fordert, „wenigstens in Grundschulen das Sitzenbleiben abzuschaffen“ und ist damit auch ihrer Partei voraus. Doch für die, das betont sie ausdrücklich, spreche sie an diesem Abend ohnehin nicht.
Lehrer und Eltern beklagten sich bitterlich über Stundenausfall an den Schulen – wofür Knipper den Erkältungsmonat November als zuständig erklärte, sie sorgten sich um integrative Regelklassen – die Knipper als Regelmodell für nicht finanzierbar hält. Am Ende warf Elternvereinsvorsitzende Sabine Boeddinghaus der Amtsleiterin eine Politik vor, „die Kinder am liebsten schon kurz nach der Entbindung mit Schnullern kennzeichnen würde, auf denen Hauptschule, Realschule oder Gymnasium steht“. Das mache ihr Angst, das treibe die Eltern um. „Darum bitte ich Sie, reden Sie mit den Menschen vor Ort, machen sie keine Politik des demokratischen Minimalismus.“ san
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