: Amis zahlen mehr Vermögensteuer
In angelsächsischen Ländern bringt die hierzulande auch rechtlich umstrittene Steuer hohe Staatseinnahmen
HAMBURG taz ■ Die Ministerpräsidenten mehrerer SPD-regierter Bundesländer fordern die Wiedereinführung einer Vermögensteuer. Bis 1997 wurde auch hierzulande eine allgemeine Abgabe auf private Reichtümer erhoben, dann stoppte das Bundesverfassungsgericht den Fiskus. Befürworter der Reichensteuer verweisen nun auf die USA und Großbritannien. Dabei ist die Vermögensteuer ein Klassiker unter den deutschen Steuerarten.
Schon im Mittelalter erhoben freie Reichsstädte von ihren Bürgern Abgaben auf deren Gesamtvermögen. Später entwickelten sich aus der allgemeinen Vermögensteuer die bis heute bekannten Teilsteuern (Grund-, Gewerbe- und Kapitalertragsteuern). In der Bundesrepublik wurde lange Zeit ein Steuersatz von 0,5 bis 1 Prozent auf Grundstücke, Sparguthaben oder Wertpapiere erhoben. Wie auch bei der Erbschaftsteuer flossen die Erträge den Länderhaushalten zu.
Zuletzt waren dies umgerechnet 4,6 Milliarden Euro, die sich auf 16 Bundesländer verteilten. Damals lag der Freibetrag bei 240.000 Euro für eine vierköpfige Familie. Allerdings betrug der Spitzensatz der Einkommensteuer über 50 Prozent, während er bis 2005 auf 42 Prozent sinken soll.
Die 4,6 Milliarden waren nur ein fiskalischer Tropfen, angesichts eines Vermögens der Bundesbürger von über sieben Billionen Euro. 1997 schafft die Regierung Helmut Kohls die Vermögensteuer de facto ab, nachdem das Bundesverfassungsgericht zuvor erhebliche Bedenken geäußert hatte. Vor allem störte die obersten Richter, dass die Steuer zusammen mit anderen Belastungen in manchen Fällen ans Eingemachte ging und den Vermögensstamm angriff. Die Vermögensteuer sei nur rechtens, wenn sie aus den Erträgen einer normalen Finanzanlage bezahlt werden könne.
In der Bundesrepublik kam durch die Steuer gerade mal ein Prozent der gesamten Steuereinnahmen zusammen. Dagegen stammt in Großbritannien traditionell sogar mehr als ein Zehntel des gesamten Steueraufkommens aus der Vermögensteuer. Befürworter verweisen auch auf die USA. Der amerikanische Fiskus kassiert über vermögensbezogene Steuern gut 3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) ein. In Luxemburg und der Schweiz wird sogar das Betriebsvermögen von Firmen besteuert.
„Viele Unternehmen würde eine solche Abgabe angesichts der prekären wirtschaftlichen Lage direkt in die Arme des Konkursrichters treiben“, warnt das Institut der deutschen Wirtschaft. Andere Kritiker halten auch eine private Vermögensteuer für unvereinbar mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts oder verweisen auf die Bürokratiekosten. Schätzungen veranschlagen die Erhebungskosten auf ein Drittel dessen, was die Steuer einspielt. Dagegen rechnet die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di mit satten 16 Milliarden Euro legaler Staatseinnahmen bei einem Steuersatz von einem Prozent. Für eine vierköpfige Familie sollte dabei ein Freibetrag von 500.000 Euro gelten.
Der Bremer Volkswirtschaftsprofessor Rudolf Hickel forderte schon vor einiger Zeit eine progressive Staffelung des Steuersatzes, was dem Fiskus bis zu 20 Milliarden Euro einbringen könnte. HERMANNUS PFEIFFER
kommentar SEITE 12
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen