: Beruf: Abschiebearzt
Innenminister wollen Druck auf Ärzte ausüben, Abschiebungen zu erleichtern. Mediziner kündigen „massiven Widerstand“ gegen die geplante „Missachtung der Sorgfaltspflicht“ an
BERLIN taz ■ Nach Informationen der taz sollen auf der morgen beginnenden Innenministerkonferenz in Bremen neue Maßnahmen beschlossen werden, um Abschiebungen zu erleichtern. Ärztevertreter befürchten eine Missachtung ihrer medizinischen Sorgfaltspflicht und kündigten bereits Proteste an.
Die Minister möchten erreichen, dass sich die Mediziner bei ihren Untersuchungen von Abschiebekandidaten künftig stark einschränken. Von Interesse ist nur noch die „Flugreisetauglichkeit“. Bisher waren umfassendere Beurteilungen üblich. Es habe sich „eingebürgert“, dass die Gutachten weit über die reine Flugtauglichkeit hinausgingen und andere Bedenken anführten – etwa Suizidgefahr oder posttraumatische Belastungen, sagte der Sprecher des hessischen Innenministers Volker Bouffier (CDU). Dies führe bei Abschiebungen „zu Problemen“. Ziel einer hessischen Initiative auf der Innenministerkonferenz sei es, dass man angeordnete Abschiebungen „irgendwann auch durchsetzt“. Dafür hätten auch SPD-regierte Länder Zustimmung signalisiert. Aus den Gutachten der Ärzte müsse „klar und eindeutig hervorgehen, ob eine Flugtauglichkeit besteht oder nicht“. Wenn sich die frei praktizierenden Ärzte darauf nicht einlassen, planen die Minister einen eigenen „Ärzte-Pool“, der direkt bei den Behörden angesiedelt werden soll und nur noch für Abschiebungen zuständig wäre. „Es geht um die Frage, brauchen wir spezialisierte Ärzte, die dafür entsprechend geeignet sind“, hieß es aus dem nordrhein-westfälischen Innenministerium.
Der Menschenrechtsbeauftragte der hessischen Ärztekammer, Ernst Girth, warnte, derartige Pläne würden „auf massiven Widerstand der Ärzte treffen“. Girth beruft sich auf Richtlinien der Ärztekammer und „eindeutige Beschlüsse des Deutschen Ärztetages“. LUKAS WALLRAFF
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