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h.g. hollein Anrüchig

Die Frau, mit der ich lebe, hat eine Freundin, der ich gelegentlich geneigt bin, etwas Gutes zu tun. Als H. unlängst nach einem angespannten Arbeitstag bei uns zu Besuch weilte, bot ich mich an, ihr eine belebende Kopfmassage zuteil werden zu lassen. So eine, wie ich sie von meiner Frisörin auch immer bekomme, Haarwasser inklusive. H. war nicht abgeneigt, lehnte sich in unserem Liegesessel zurück, und ich begann, den gestressten Schopf reichlich und mit fachgerechtem Schwunge zu beträufeln. Sodann ruckelte ich H.‘s Skalp mal vor, mal zurück, mal im Kreis und betüpfelte mit allen zehn Fingern kunstvoll die Kalotte. Wie verheißen versank H. alsbald in einen Zustand wohligen Duselns. Noch ein paar Spritzer Haarwasser drauf, kurz einwirken lassen, ein erfrischendes Pricklen macht sich breit – et voilà! „Da fühlt man sich glatt wie ein neuer Mensch!“, fand H. „Ja, das ist das Gute an so einer Massage“, sagte ich. „Das weniger Gute ist, dass du jetzt riechst wie ein 50er-Jahre-Puff.“ Aber, fügte ich hinzu, diesem kleinen Nebeneffekt sei mit ein paar mal Haarewaschen in den nächsten Tagen ohne weiteres beizukommen. Ich hatte H. bis dahin eigentlich nicht als sonderlich hysterisch wahrgenommen. Der Entspannungseffekt war jedenfalls nachhaltig dahin. Geblieben ist eine gewisse Ausdünnung der Kommunikation. Wir hörten wochenlang nichts mehr von H., bis wir gestern eine Karte aus Valparaiso bekamen. Dort wähnt sie sich offenbar in sicherem Abstand von meinen Wohltaten. Ich finde es, ehrlich gesagt, ein bisschen übertrieben, wegen eines kleinen Traumas gleich den Kontinent zu wechseln.

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