"Architekt des Vietnamkriegs" gestorben: Robert McNamara ist tot
In den 60ern ließ er als US-Verteidigungsminister den Vietnamkrieg eskalieren. Ein "furchtbarer Irrtum", wie Robert McNamara später sagte. Der Kriegs- und Atomwaffengegner starb nun 93-jährig.
WASHINGTON dpa | Der ehemalige US-Verteidigungsminister und "Architekt des Vietnamkrieges", Robert McNamara, ist im Alter von 93 Jahren gestorben. McNamara, der später an die Spitze der Weltbank wechselte und den Vietnamkrieg im Rückblick scharf kritisierte, starb nach Angaben seiner Familien am Montag in seinem Haus in Washington. Eine Todesursache wurde zunächst nicht genannt.
McNamara, der von Präsident John F. Kennedy ins Pentagon geholt wurde, war während des Vietnamkrieges von 1961 bis 1968 Verteidigungsminister und maßgeblich für die systematische Aufstockung der Truppen und für die Ausweitung der Bombardements Vietnams und angrenzender Gebiete verantwortlich. Zeitweise sprachen Kommentatoren vom "McNamara-Krieg". Er galt als ausgesprochener Hardliner, der den Krieg gegen die Kommunisten in Südostasien lange Zeit für gewinnbar hielt. 1967 wechselte er aber überraschend seine Strategie und trat für ein Ende der Bombardierungen ein. Der damalige Präsident Lyndon B. Johnson lehnte dies allerdings ab. Kurz darauf schied McNamara aus dem Amt.
Auch für die missglückte Invasion der US-Militärs in Kuba 1961 an der Schweinebucht war McNamara mitverantwortlich. Als Erfolg wiederum galt die harte Haltung der USA in der Kuba-Raketenkrise 1962, als die Sowjetunion und die USA zeitweise am Rande eines Atomkrieges standen. Ein weiterer Verdienst war die Umformulierung der US-Atomstrategie von der "massiven Vergeltung" zur "flexiblen Antwort".
Bereits vor seiner Zeit als Minister machte McNamara, Sohn eines Verkaufsleiters einer Schuhgroßhandlung in San Francisco, eine steile und ungewöhnliche Karriere in der Privatwirtschaft: Er war der erste Präsident des Autoherstellers Ford, der nicht aus der Firmenfamilie stammte. Bemerkenswert war aber vor allem auch sein Wandel nach dem Ausscheiden aus dem Pentagon: Als Weltbank-Präsident setzte er sich bis 1981 demonstrativ für die Überwindung von Hunger und Armut in der Dritten Welt ein.
Nach seinem Ausscheiden aus der Politik leistete McNamara zudem eine für Politiker höchst seltene öffentliche Selbstkritik. 1995 bekannte er in einem Buch, der Vietnamkrieg sei ein "furchtbarer Irrtum" gewesen. Er wurde zum Kriegs- und Atomwaffengegner. Vor einigen Jahren kritisierte er auch den Irakkrieg von US-Präsident George W. Bush als einen moralischen und politischen Fehler.
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