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Arbeitsrecht für Asylsuchende„Wesentliche Hindernisse bleiben“

Schon nach neun Monaten arbeiten zu dürfen, ändere für Flüchtlinge wenig, findet Pro-Asyl-Chef Bernd Mesovic. Die Debatte in der Koalition werde nur zum Schein geführt.

Dürfen nur unter erschwerten Bedingungen arbeiten: Asylsuchende in Deutschland. Bild: dpa
Daniel Bax
Interview von Daniel Bax

taz: Herr Mesovic, Asylbewerber sollen künftig schon nach neun statt, wie bisher, nach zwölf Monaten einen Job annehmen dürfen. Diesem EU-Kompromiss hat Deutschland jetzt zaudernd zugestimmt. Was bringt das?

Bernd Mesovic: Sehr wenig. Das heißt nur, dass die Betroffenen drei Monate früher in einer Warteschlange stehen, in der sie praktisch keine Chance haben. Denn die wesentlichen Hindernisse, die ihnen den Weg auf den Arbeitsmarkt versperren, bleiben bestehen – etwa die Vorrangsprüfung, nach der kein deutscher Bewerber für den Job in Frage kommen darf, oder die Residenzpflicht, die es Asylbewerbern unmöglich macht, in anderen Bundesländern Arbeit zu suchen.

Die FDP würde das Arbeitsverbot am liebsten ganz abschaffen, der CSU geht die jetzt beschlossene Lockerung schon zu weit. Ist das ein echter Koalitionsstreit?

Das scheint mir eher eine Scheindebatte. Wenn die FDP konsequent wäre, dann müsste sie auch dafür eintreten, die anderen Hindernisse zu beseitigen, die ich genannt habe. Wir fordern, Asylsuchende vom ersten Tag an zu integrieren. Das aber löst in Bayern, dem Mutterland der deutschen Abschreckungspolitik, und Teilen der Union alte Abwehrreflexe aus.

Die Integrationsbeauftragte Maria Böhmer von der CDU sagt inzwischen, geduldete Flüchtlinge sollten an Deutsch- und Integrationskursen teilnehmen sollten. Ein Lichtblick?

Bild: dpa
Im Interview: BERND MESOVIC

58, ist rechtspolitischer Referent bei der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl. Der gelernte Politologe und Germanist lebt in Frankfurt am Main.

Das Bundesarbeitsministerium fördert schon jetzt Projekte, die der Nachqualifizierung von Asylsuchenden und geduldeten Flüchtlingen dienen, und seit diesem Jahr fallen da auch Sprachkurse darunter. Das ist ja auch sinnvoll, weil man weiß, das die Leute hier bleiben werden. Aber das müsste endlich auch offizielle Politik werden.

Warum tut sich Deutschland damit so schwer?

Die Bundesregierung hat Angst, sie würde damit einen Anreiz schaffen, nach Deutschland zu kommen. Die alten Abschreckungsgesetze, auf die man sich im Asylkompromiss von 1992 geeinigt hat, werden darum im Zweifelsfall auch da verteidigt, wo sie die Menschenwürde verletzten. Aber beim Asylbewerberleistungsgesetz hat das Bundesverfassungsgericht da jetzt zum Glück die rote Karte gezeigt.

Nach dem derzeitigen Verfahren muss der Staat über einen Asylantrag befinden, über den der Flüchtling zuerst in die EU eingereist ist. Länder wie Griechenland sind damit aber überfordert. Was folgt daraus?

Am Beispiel Griechlands ist klar geworden, dass man das nicht mehr so einfach laufen lassen kann. Die Überstellungen wurden bis zum Januar 2013 ausgesetzt. Doch in der Wirtschaftskrise ist es kaum zu erwarten, dass Griechenland ein adäquates Asylsystem inklusive Versorgung entwickelt. Statt Staaten wie Griechenland die Verantwortung für den Großteil der Flüchtlinge aufzunötigen, sollte man darum das System ändern.

Das Verfahren ist ein bürokratisches Monstrum, das von der Fiktion ausgeht, dass die Asylverfahren in Europa in etwa vergleichbar sind. Dabei gibt es da extreme Unterschiede – von den Anerkennungsquoten von Asylsuchenden bis zu ihrer Unterbringung.

Was schlagen Sie vor?

Humanitäre Belange, familiäre Bindungen und Sprachkenntnisse sollten bei der Aufnahme von Flüchtlingen berücksichtigt werden. Es ist doch absurd, dass jemand, der Angehörige in Deutschland hat, im Asylverfahren ganz woanders landet. Die Politik würde damit den realen Flüchtlingsbewegungen Rechnung tragen. Wir wissen doch, dass frankophone Afrikaner eher nach Frankreich wollen, während es die Kriegsflüchtlinge vom Balkan in den Neunzigerjahren eher nach Deutschland zog.

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8 Kommentare

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    Karin Bryant

    Asylsuchende sind Menschen die um Schutz vor Krieg oder Bedrohungen durch die Regierung in ihrer Heimat bitten oder sollen es sein.Wer lediglich auf Arbeitssuche ist

    Ist kein Fluechtling I'm Sinne des Wortes und auch kein Immigrant.

    nach Prüfung des Antrags muss bestimmt werden ob die Person bleiben kann und bei Ablehnung sollte er/sie zur Ausreise aufgefordert werden.

    leider dauert dieser Prozess in D viel zu lange ,sicherlich auch weil es schwierig ist

    Tatsachen bestätigt zu bekommen oder Asylsuchende nur bedingt kooperieren.

    sie aber sofort in die bestehende Gesellschaft zu integrieren wäre Unsinn.

  • OP
    Otto Pardey

    Dafuer gibt es schon das Arbeitsrecht fuer Drogen-und

    Menschenhaendler in Deutschland!

  • NB
    Nadja B.

    @ Thorben: Wie die Bildunterschrift verrät, sind "Asylsuchende in Deutschland" abgebildet. Die Häuserfassade spricht auch dafür, dass das Bild in Deutschland aufgenommemn wurde... Wenn die Menschen auf dem Bild Essen haben, heißt dass (1.) nicht, dass Hunger nicht eventuell doch kein Fluchtgrund war und (2.) ist Hunger auch nicht der einzige Fluchtgrund und dein Kommentar völlig sinnlos. Er drückt nichts aus, außer dass du dich Geflüchteten gegenüber überlegen fühlst und meinst bewerten zu können, ob sie "wirklich" hier sein dürfen. Minderwertigkeitskomplexe?

  • NB
    Nadja B.

    Wieso ist es eigentlich für Rechtsideologen so schwer zu kapieren, dass Asylbewerber meist (berechtigterweise aufgrund von (a) langanhaltenden Instabilitäten im Herkunftsland und (b) daraus resultierenden Schutzansprüchen (kodifiziert in den Menschenrechten, für normaltickende Menschen aber auch moralisch nachvollziehbar)) länger als geplant im asylgewährenden Land bleiben? Daraus ergibt sich dann, dass es sowohl für die betroffenen Menschen als auch für den asylgewährenden Staat von Vorteil ist, den Menschen so schnell wie möglich zu erlauben zu arbeiten. Für erstere aus Gründen wie Selbstermächtigung (damit sie nicht nur wie Tiere in den Asylbewerberheimen vor sich hin vegetieren, was auch nach "nur" einem Jahr langanhaltende Traumata bewirken kann), für letzteren auch aus finanziellen Gründen (denn wer selbst was verdient, ist auf weniger staatliche Hilfen angewiesen).

     

    Kommt doch endlich mal damit klar, dass es Migration schon immer gegeben hat und immer geben wird, auch wenn ihr euch noch so anstrengt, die Grenzen dicht zu machen. Verwendet die ganze negative Energie doch lieber darauf, wie das Miteinander positiv gestaltet weden kann. Das hat übigens mit geplanter "Masseneinwanderung" gar nichts zu tun, sondern mit einer konstruktiven Gestaltung einer anerkannten WanderungsREALITÄT weltweit... Steckt da eventuell in Wirklichkeit die Angst vor zu viel fremden Blut hinter?

     

    Peace.

  • T
    Thorben

    Hunger war bei den Asylanten auf dem Bild zumindest kein Fluchtgrund...

  • T
    tommy

    "Der gelernte Politologe und Germanist" - sagt schon alles darüber aus, wie Herr Mesovic und seine Qualifikation einzuschätzen ist...

    "Wir fordern, Asylsuchende vom ersten Tag an zu integrieren."

    Offensichtlich geht Herr Mesovic davon aus, dass jeder "Asyslsuchende" einen tatsächlich begründeten Anspruch auf Asyl hat, deshalb dauerhaft in Deutschland bleiben wird und "integriert" werden muss - auch vor Überprüfung, ob sein Asylantrag überhaupt berechtigt ist. Irgendwie war das System so nicht gedacht. Aber was kümmert das Leute wie Herrn Mesovic - wenn sie ehrlich sind, geht es ihnen ja nicht etwa um Flüchtlingsrechte oder ähnlich edel klingende Anliegen, sondern um die Durchsetzung von Masseneinwanderung nach Europa.

  • R
    reblek

    "Die Erlaubnis schon nach neun Monaten arbeiten zu dürfen..." - Das ist, mit Verlaub, grober Unfug. Wer eine Erlaubnis hat, darf etwas und wer etwas darf, hat eine Erlaubnis dazu. Von einer "Erlaubnis zu dürfen" hat niemand etwas. Es geht um "die Erlaubnis zu arbeiten".

    "... geduldete Flüchtlinge sollten an Deutsch- und Integrationskursen teilnehmen sollten.". - Schätzungsweise teilnehmen "dürfen".

  • EG
    Eigentlich ganz einfach

    "Wir fordern, Asylsuchende vom ersten Tag an zu integrieren."

     

    Wieso ist es eigentlich für Linksideologen so schwer zu kapieren, dass Asyl der vorübergehenden Abwendung einer Gefahr für Leib und Leben dient und nur im Notfall auf Dauer anzulegen ist? Es handelt sich um keine Einwanderungsbestimmung; daher ist Integration nicht das vorrangige Ziel von Asyl.