Arbeitsmarktpolitik: Vom Projekt zum Job
■ BUND & Co. vermitteln ehemalige Arbeitslose effektiv in feste Jobs
Erst hat Karl nach langer Arbeitslosigkeit auf einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme im Schlachthof bewiesen, dass er pünktlich kommen kann, jetzt arbeitet er wieder als Polier auf dem Bau. Er gehört zu den 40 Prozent ehemaliger Arbeitsloser oder SozialhilfeempfängerInnen, die zwei Jahre nach Ende ihrer „Beschäftigungsmaßnahme“ wieder auf dem ersten Arbeitsmarkt untergekommen sind. Das Interessante: Sie haben einen festen Arbeitsplatz, nachdem sie in kleineren Projekten auf der Stelle einer Arbeitbeschaffungsmaßnahme (ABM) gearbeitet hatten. Solche Projekte sind etwa das Frauenbildungszentrum „Belladonna“, der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) oder die Stadtteilschule e.V..
Diese 40-prozentige Erfolgsquote der Projekte und kleinen Beschäftigungsträger dokumentiert jetzt eine Studie, die Sabine Bütow und Volker Donk vom Bremer „Netzwerk Selbsthilfe“ organisiert haben. Grundlage sind 168 verschickte Fragebögen, in denen die beiden wissen wollten, was aus „ihren“ Maßnahmen-TeilnehmerInnen wurde, nachdem die beschaffte Arbeitszeit abgelaufen war. Knapp die Hälfte der Fragebögen kam ausgefüllt zurück. Die NetzwerkerInnen sind zufrieden: „Ein ausgezeichnetes Ergebnis.“
Anke Wolters vom Frauengesundheitszentrum Tenever erklärte, warum gerade die kleinen Institutionen so erfolgreich sein können: „Gerade bei uns bekommen die Menschen viele Grundlagen. Sie müssen alles mögliche machen: Veranstaltungen organisieren, an Teamsitzungen teilnehmen oder am Computer arbeiten. Und weil der Rahmen so überschaubar ist, können wir auch ganz genau gucken, was jede einzelne Person braucht, was sie lernen muss. Eine Migrantin braucht vielleicht zuerst einen Deutschkurs, einer anderen hilft eine Fortbildung in Öffentlichkeitsarbeit weiter.“
Wie erfolgreich die Beschäftigungsmaßnahmen der „Kleinen“ sind, zeigt ein Vergleich: Die „Bremer Arbeit GmbH“ – zuständig für die Geldverteilung an die Träger – verlangt zukünftig, dass ein Viertel der MaßnahmenteilnehmerInnen anschließend wieder auf dem ersten Arbeitsmarkt einen Job findet. Diese geforderte Quote erreichen die in der Studie untersuchten Einrichtungen mühelos – ob im Bereich Frauen, Umwelt oder bei den Kinder- und Krabbel-gruppen. Ginge es allein nach diesen Zahlen, müssten sich Projekte und kleine Beschäftigungsträger bei der Vergabe der immer weniger werdenden ABM keine Sorgen machen. Aber: Die Realität ist eine andere. Volker Donk sagt, dass von den etwa 1.250 Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im nächsten Jahr in Bremen schon 900 festgelegt seien. Um die verbleibenden 350 Maßnahmen müssen die sozialen Einrichtungen mit Großinstitutionen wie der Universität oder den Museen konkurrieren.
Da kleinere Einrichtungen überschaubare Strukturen haben und sich die Beschäftigten mit „ihrem“ Projekt stark identifizieren, bestand dort überhaupt die Möglichkeit, auch zwei Jahre nach Abschluss der Maßnahmen deren Effektivität nachzuvollziehen. Größere Träger verlieren ihre „Ehemaligen“ schnell aus den Augen.
Ulrike Bendrat
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