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Arbeitslosenzahl im JuniMehr Joblose trotz Sommer

Normalerweise sinkt die Zahl der Arbeitslosen im Sommermonat Juni – in diesem Jahr nicht. Ursache dafür ist einzig die schwache Konjunktur.

Hier müssen derzeit wieder mehr Leute hin Foto: imago

Nürnberg dpa | Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland ist im Juni im Vergleich zum Vormonat um 4.000 auf 2,727 Millionen gestiegen. Im Vergleich zum Vorjahresmonat bedeute dies einen Anstieg um 172.000 Personen, teilte die Bundesagentur für Arbeit am Freitag in Nürnberg mit. Die Arbeitslosenquote lag im Juni demnach unverändert zu Mai bei 5,8 Prozent.

Normalerweise sinkt die Arbeitslosigkeit im Juni, bedingt durch saisonale Effekte. In den vergangenen Jahren hatten allerdings Sondereffekte wie die Corona-Pandemie und die Aufnahme ukrainischer Kriegsflüchtlinge in der Statistik zu Sondereffekten geführt. Der Anstieg in diesem Jahr wird dagegen fast ausschließlich auf konjunkturelle Ursachen zurückgeführt.

„Die Schwäche am Arbeitsmarkt hält weiter an“, sagte die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur, Andrea Nahles. „Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung nahmen im Juni saisonbereinigt spürbar zu. Die Unternehmen sind weiter zurückhaltend bei der Suche nach neuem Personal“, betonte Nahles.

So ging auch die Zahl der gemeldeten offenen Arbeitsstellen weiter zurück. Im Juni lagen der Bundesagentur 701.000 freie Stellen vor, 69.000 weniger als ein Jahr zuvor.

Anstieg der Kurzarbeit

In einem Anstieg der Kurzarbeit drückt sich die Konjunkturschwäche allerdings derzeit noch nicht aus. Vom 1. bis 24. Juni stellten Betriebe Anzeigen auf Kurzarbeit für 42.000 Personen – etwa das gleiche Niveau wie im Vormonat. Ob die Kurzarbeit auch in Anspruch genommen wird, ist nicht klar. Daten für tatsächlich in Anspruch genommenes Kurzarbeitergeld liegen bis April 2024 vor. In diesem Monat wurde Kurzarbeitergeld für 242.000 Menschen gezahlt, nach 223.000 im März.

Etwas besser in Schwung ist derzeit dagegen der Ausbildungsmarkt. Die Zahl der Bewerber um Lehrstellen liege mit 383.000 um 9.000 höher als vor einem Jahr. Von ihnen hatten im Juni noch 154.000 junge Leute weder eine Lehrstelle noch eine Alternative dazu gefunden. Gleichzeitig waren 480.000 Ausbildungsplätze gemeldet worden, 21.000 weniger als vor einem Jahr.

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5 Kommentare

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  • Warum ist die Konjunkt schwach?

    Unternehmen planen im Voraus. Ihnen wurde angekündigt, daß die Beiträge zur Rentenversicherung um 20 Prozent steigen werden. Schlimmer werden - demographisch bedingt - die Steigerungen der Beiträge zu den Kranken- und Pflegeversicherungen ausfallen. Absehbar werden bis zum Jahr 2035 die Sozialversicherungsabgaben 50 % der Lohnzahlungen betragen. Steuern kommen noch dazu. Der Fachkräftemangel zwingt dazu, höhere Löhne zu zahlen. Forderungen nach einer Reduzierung von 40 auf 32 Wochenstunden, bei vollem Lohnausgleich, entsprechen einer Lohnerhöhung von 25 % und bedeuten, daß die gleichen Sozialversicherungsbeiträge auf weniger Arbeitsstunden verteilt werden. Stromkosten können in den nächsten 20 nicht sinken...

    Investitionen in personal- oder energieintensive Tätigkeiten werden daher jetzt möglichst vermieden.

    Wer hier Neues aufbaut, setzt sich in eine Falle. In Branchen, die vorwiegend lokale Märkte bedienen, ist das nicht so schlimm. Für Unternehmen mit internationaler Konkurrenz, ist es wichtig Arbeitsplätze rechtzeitig abzubauen, zu automatisieren und Produktionen in Regionen mit geringeren Abgaben und niedrigeren Energiepreisen zu verlagern.

  • Dieses Zitat ist interessant:

    > Die Unternehmen sind weiter zurückhaltend bei der Suche nach neuem Personal“, betonte Nahles.

    > So ging auch die Zahl der gemeldeten offenen Arbeitsstellen weiter zurück. Im Juni lagen der Bundesagentur 701.000 freie Stellen vor, 69.000 weniger als ein Jahr zuvor.

    Fachkräftemangel sieht anders aus, schlechte Bezahlung tut seinen Rest

  • Es gibt so viele offene Stellen. Handwerker*innen suchen völlig verzweifelt nach Personen. Jeder Gastrobetrieb hat ein Schild am Tresen stehen, dass Personal gesucht wird. Ich verstehe die Welt nicht mehr. Warum finden diese Menschen keine Arbeit?

    • @casio:

      5.8 Prozent sind historisch gesehen immer noch eine relativ niedrige Arbeitslosigkeit in Deutschland.

      Das heißt, in einigen Branchen wie Handwerk und Gastronomie kann es natürlich weiterhin Mangel geben. Gerade in solchen, wo in den letzten Jahren viele Babyboomer in Rente gingen wie im Handwerk. Bei der Gastro waren es aber wohl Sondereffekte wegen der Pandemie, als viele entlassen wurden und sich danach anderweitig orientierten. Wurde in den Medien durchaus thematisiert.

      Außerdem ist das auch regional unterschiedlich. Immerhin hat sich der ostdeutsche Raum inzwischen dem Westen fast angeglichen.

    • @casio:

      Ich bin Chemie-Bachelorabsolvent; auf Arbeitssuche seit 4 Monaten. Schicke dutzende Bewerbungen raus jeden Monat. Gut recherchierte, keine copy-paste Dinger. Bilanz? Die Hälfte unbeantwortet, ein einziges Vorstellungsgespräch, der Rest abgelehnt wegen "hoher Anzahl an Bewerbern, die das Anforderungsprofil unserer Anicht nach besser erfüllen". Unterlagen durch Berater checken lassen, daran leigt's nicht.



      Soll ich, mit meiner Ausbildung, jetzt in der Gastro bedienen oder Teller waschen, bloß um sowieso Wohngeld beziehen zu müssen weil das nicht reicht?



      Die Bereiche, in denen verzweifelt Arbeitnehmer gesucht werden, sind nicht dieselben, in denen es einen Überschuss an willigen Arbeitnehmern gibt.