Arbeitslosenversicherung: Höhere Beiträge gefordert
Die Vorstände der Arbeitsagentur bestätigen die Notwendigkeit von Beitragserhöhungen. CDU-Politiker wollen sparen oder auf Steuersenkung verzichten.
BERLIN/NÜRNBERG taz/dpa | In der Debatte über höhere Arbeitslosenversicherungsbeiträge versucht der Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, die Wogen zu glätten. Er sprach sich für einen Beitragssatz von "deutlich unter 4 Prozent" aus. "Der jetzige Beitragssatz von 2,8 Prozent ist sicher zu wenig, um die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise zu bewältigen", sagte Weise in Nürnberg. Man brauche jedoch "auf keinen Fall einen Beitrag von 4,5 Prozent."
Der Wert müsse "näher bei 2,8 Prozent liegen als bei 4,5 Prozent", betonte Weise. Der BA-Chef bezog sich auf Berichte, wonach die schwarz-gelbe Bundesregierung überlegt, die Beitragssätze auf 4,5 bis 4,8 Prozent anzuheben. BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt setzte einen etwas anderen Akzent als Weise. Für 2011 sei zwar die Erhöhung auf 3 Prozent beschlossen. Doch "wir werden dauerhaft mit 3 Prozent nicht auskommen", sagte Alt.
Für das nächste Jahr wird eine Rekordneuverschuldung von 86 Milliarden Euro erwartet. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat angekündigt, die Regierung müsse ab 2011 rund 10 Milliarden Euro pro Jahr sparen. Die Idee, die Sozialbeiträge zu erhöhen, um das Steuergeld aus den Sozialkassen zurückzuziehen, hat auch in der Union Kritiker gefunden. Der CDU-Wirtschaftspolitiker Kurt Lauk plädierte für Einsparungen statt Beitragserhöhungen.
Andere Unionspolitiker nutzten die Gelegenheit, die von der FDP geforderte nächste Steuersenkung in Frage zu stellen. Der Vize-Unionsfraktionschef Michael Fuchs sagte zur Bild: "Wir sollten lieber auf Steuersenkungen verzichten, als die Sozialbeiträge zu erhöhen." Bildungsministerin Annette Schavan betonte im Hamburger Abendblatt: "Es wird im Mai eine neue Steuerschätzung geben. Daraus wird sich die weitere Entlastung ableiten lassen." Auch der Arbeitgeberlobbyist und Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegiesser verlangte, auf Steuersenkungen lieber zu verzichten.
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