Arbeitslosenquote sinkt weiter: Ein 16-Jahres-Tief
Auch im September ist die Zahl der Menschen ohne Arbeit kleiner geworden. Die Finanzkrise könnte den positiven Trend bald schon beenden, warnt die Opposition.
BERLIN dpa/rtr/ap Die Zahl der Arbeitslosen ist in Deutschland im September auf den tiefsten Stand seit fast 16 Jahren gesunken. Sie verringerte sich um 115.000 auf 3.081.000. Das seien 463.000 Erwerbslose weniger als vor einem Jahr, berichtete die Bundesagentur für Arbeit (BA) in Nürnberg. Die Arbeitslosenquote nahm von August auf September um 0,2 Punkte auf 7,4 Prozent ab. Vor einem Jahr hatte sie noch bei 8,5 Prozent gelegen.
BA-Vorstandschef Frank-Jürgen Weise sagte, der Arbeitsmarkt zeige sich bisher unbeeindruckt von der Abschwächung der konjunkturellen Dynamik und den Turbulenzen an den Finanzmärkten. "Die Arbeitslosigkeit geht zurück, die Beschäftigung ist weiter gewachsen", sagte Weise. Die Nachfrage nach Arbeitskräften bewege sich weiterhin auf hohem Niveau.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes gab es im August 40,4 Millionen Erwerbstätige, rund 94.000 mehr als im Juli. Gegenüber dem Vorjahr habe die Erwerbstätigkeit um 545.000 zugenommen. Zudem sei die Beschäftigung in allen Bundesländern gestiegen, teilte die Bundesagentur mit.
Oppositionsparteien und Gewerkschaften warnten vor einer Überbewertung der positiven Entwicklung am Arbeitsmarkt. "Die Finanzmarktkrise macht die aktuellen Arbeitsmarktzahlen zur Makulatur", sagte der stellvertretende FDP-Vorsitzende, Rainer Brüderle.
Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) warnte vor Überheblichkeit angesichts der Zahlen. Die seien zwar erfreulich. "Doch der Arbeitsmarkt ist labiler, als es die Zahlen vermuten lassen", sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Die Krise an den Finanzmärkten lasse befürchten, dass der Arbeitsmarkt im nächsten Jahr wieder einbrechen könnte. Der DGB forderte die Regierung auf, vor allem Beitragssteigerungen in der gesetzlichen Krankenversicherung zu vermeiden und so die Konjunktur abzustützen.
Die Grünen mahnten ein Krisenpräventionsprogramm an. "Arbeitsminister Olaf Scholz muss seine Annahmen über die Entwicklung des Arbeitsmarktes korrigieren", betonte die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Brigitte Pothmer. Die Finanzkrise werde den Konjunkturabschwung verstärken.
Leser*innenkommentare
lisa
Gast
Diese per 'Agenda' zurechtgetricksten AL-Statistiken... Sicher besteht bei Qualifizierten und Spezialisten bestimmter Branchen erhöhte Nachfrage und Fachkräfte werden mancherorts schon knapp. Außerdem scheiden jedes Jahr hunderttausende Neu-Rentner aus dem Arbeitsleben aus. Den angeblich sinkenden AL-Zahlen steht eine Rekordquote an demotivierten Schulabbrechern gegenüber, die selbst mit Ausbildung keine lohnende Perspektive für sich sehen, denn: Man muss realisieren, dass auch die Prekarisierung der Arbeitswelt, das Heer der Minijobber, Praktikanten, 1 € Jobber, Niedriglöhner, Leiharbeiter, Aufstocker etc. kontinuierlich wächst. (Die in den Statistiken nicht erfasst sind). Dass die Reallöhne parallel zu den Gewinnsteigerungen der Unternehmen und Aktionäre drastisch gesunken sind.
Dass der Sozialstaat radikal abgebaut wird und dass selbst der Mittelständler um seine Existenz fürchtet.
Man sollte nicht nur die ARBEIT (Beschäftigungsquote) als Maßstab sehen, sondern die LEBENSQUALITÄT, die der Arbeitende damit für sich erwirtschaften möchte und sollte... und die sinkt eben auch. Und das zu Zeiten voller Auftragsbücher. Was wird erst, wenn der Abschwung kommt?
emil
Gast
Ein noch stärkerer Ausbau der Erneuerbaren Energien und ganz besonders auch eine umfangreiche Sanierung aller Gebäude in Richtung "Nullenergiehaus" - vgl. aktuell dazu: http://www.das-energieportal.de/startseite/nachrichtendetails/datum/2008/09/29/eintrag/ziel-solaren-bauens-ist-die-nullenergiebilanz-von-gebaeuden/
- würde die Lage noch weiter verbessern, vgl. auch: Gero Jenner "Energiewende". Für Neubauten sollte dies vorschriftsmäßiger Standard sein. Und das gilt auch für andere Länder. z. B. könnten vor der Ostseeküste bis hinauf nach Finnland, sowohl auf schwedischer, wie auf baltischer Seite, Zehnttausende Windräder errichtet werden, mit mindestens 2 MW je Windrad, teilweise aber bis zu 5 MW, vgl. den spätestens nächstes Jahr ans Netz gehenen Windpark Baltic I vor Darß (an der Ostsee).
Stefan
Gast
Diese Zahlen werden doch mittlerweile schöner geredet, als sie eigentlich sind. Solange Mini- und 1-Euro-Jobber sowie Leute in Fortbildungskursen nicht dazugezählt werden, sind solche Zahlen nicht aussagekräftig. Nur da es heute mehr Übergangslösungen gibt als noch vor ein paar Jahren, suchen nicht viel weniger Leute nach einem festen Arbeitsplatz.