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Arbeitslose trotz Milliarden-Einsatz

■ Arbeitsmarktbericht: 10.000 Menschen werden pro Jahr gefördert / Träger beklagen Vergabepolitik des Ressorts

Eine gute Milliarde Mark hat der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit im Lande Bremen seit 1993 gekostet. Dennoch habe sich die Lage auf dem Bremer Arbeitsmarkt erheblich verschlechtert, sagte Arbeitssenator Uwe Beckmeyer (SPD) gestern bei der Vorlage des Arbeitsmarktberichts 1993-1997.

Jährlich werden nach Beckmeyers Angaben durchschnittlich 10.000 Menschen in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) beschäftigt, als Arbeitslose weitergebildet, im Betrieb qualifiziert oder auf andere Weise gefördert. Insgesamt rund 260 Millionen Mark stellen die Europäische Union, die Bundesanstalt für Arbeit und das Land Bremen dafür pro Jahr bereit. Wieviele Arbeitsplätze mit diesem Geld geschaffen oder gesichert worden sind, kann das Arbeitsressort nicht sagen.

Immer noch gingen mehr Jobs in Industrie und Gewerbe verloren als im Dienstleistungssektor neu entstünden, sagte Beckmeyer. Die Zahl der Arbeitslosen ist in Bremen seit 1992 von 31.500 auf 47.700 gestiegen. Mit einem Zuwachs von 50 Prozent liegt Bremen im Bundestrend. Beckmeyer hob hervor, daß seine Behörde oft kurzfristig Nachschläge aus nicht abgerufenen Restbeträgen anderer Arbeitsamtsbezirke nach Bremen geholt habe. Zu diesem Zweck müßten weiter Mittel freigehalten werden.

Als zentrale Aufgabe für die Zukunft nannte Beckmeyer eine enge Verzahnung von Wirtschaftsstrukturpolitik und Arbeitsmarktpolitik. So würden verstärkt Ausbildungen von MitarbeiterInnen für Call-Center, Multi-Media-Firmen und Logistik-Dienstleister angeboten, weil diese Branchen auch von der Wirtschaftsbehörde unterstützt würden. Neue Qualifikationen auf dem Arbeitsmarkt seien ein Standortargument für Unternehmen.

Ob auch 1998 die bisherige Summe für aktive Arbeitsmarktförderung zur Verfügung stehe, sei noch nicht klar, sagte Beckmeyer. Denn die Arbeitsämter müßten mit Kürzungen der Bundesanstalt für Arbeit rechnen. Deswegen wüßten auch die Beschäftigungsträger noch nicht, welche Projekte 1998 tatsächlich laufen könnten.

Beim Verband Bremer Beschäftigungsträger rechnet man allerdings nicht mit dramatisch weniger Geld aus Nürnberg, so daß die Bremer Trägerstruktur über die Jahre 1998 und 1999 erhalten bleiben kann. „Panik ist nicht angesagt“, sagt Verbands-Vorstand Ulrich Ipach vom Arbeitslosenzentrum Bremen-Nord. Die 17 Träger finden in Ordnung, wenn die Qualität der einzelnen Projekte – sei es eine Lehrbaustelle, ein Metallbau-Kurs oder ein Lehrgang für Berufsrücckehrerinnen – noch genauer geprüft wird, wie es Beckmeyer angekündigt hat. Die Träger ärgern sich jedoch, daß das Arbeitsressort die vom Europäischen Sozialfonds ESF über zwei Jahre mitfinanzierten Projekte immer nur für ein Jahr bewilligt. „Unsere Arbeit würde erheblich vereinfacht, wenn wir nicht jedes Jahr wieder das ganze Konzept vorlegen müßten“, sagt Ipach. Das sei auch „elendig“für die Mitarbeiter, die jedes Jahr wieder in Unsicherheit gestürzt würden. jof

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