Arbeiter aus Fukushima evakuiert: Schweres Nachbeben erschüttert Japan
Nahe des havarierten Atomkraftwerks Fukushima ist es im Nordosten Japans zu einem schweren Nachbeben gekommen. Unterdessen wurde die Evakuierungszone um das AKW ausgeweitet.
TOKIO/HAMBURG dpa/afp/reuters | Ein schweres Nachbeben hat am Montagnachmittag (Ortszeit) den Nordosten und Osten Japans erschüttert. Die Behörden gaben eine Tsunami-Warnung für die Pazifikküste aus. Es wurden bereits kurz nach der Erschütterung Flutwellen von einem halben Meter in der Provinz Ibaraki gemessen. Auch in der Hauptstadt Tokio gerieten Häuser stark ins Schwanken. Nach Angaben der Behörden hatte das Beben eine Stärke von 7,1.
Das Erdbebenzentrum lag in der Provinz Fukushima, wo auch das havarierte Atomkraftwerk liegt. Laut dem Betreiber Tepco gab es keine Auswirkungen auf das AKW. Die Arbeiter seien aber aufgefordert worden, sich in Sicherheit zu bringen.
Auf Live-Bildern des japanischen Fernsehsenders NHK war ein Feuer in der Stadt Iwaki zu sehen. Informationen über mögliche Opfer und weitere Schäden lagen zunächst nicht vor. Kurz nach ersten Beben kamen es erneut zu einer Erschütterung.
Evakuierung innerhalb eines Monats
Japan weitet unterdessen die Evakuierungszone um Fukushima aus. Die Zone solle auf Gebiete mit hoher Strahlung über die bisherigen 20 Kilometer vergrößert werden, kündigte Regierungssprecher Yukio Edano am Montag an. "In diesen Regionen könnte die Strahlung 20 oder mehr Millisievert über ein Jahr betragen", erläuterte er. Der Regierungssprecher verwiese unter anderem auf den Ort Iitate, der 40 Kilometer von dem zerstörten Kernkraftwerk entfernt liegt. Die Gebiete sollten innerhalb eines Monats evakuiert werden. Es sei nicht nötig, sofort zu handeln. Edano riet Kindern, Schwangeren und Kranken, sich nicht näher als 30 Kilometer dem AKW zu nähern.
Die Umweltschutzorganistation Greenpeace hat in bewohnten Gebieten rund um die Atomruine von Fukushima deutlich erhöhte Strahlenwerte gemessen. Experten der Umweltschutzorganisation hätten rund 60 Kilometer von dem havarierten Kraftwerk entfernt gesundheitsgefährdende Radioaktivität im Boden festgestellt, teilte Greenpeace am Montag mit.
Die Organisation forderte deshalb erneut eine Ausweitung der Evakuierungszone. Die japanische Regierung hatte bislang an der 20 Kilometer-Evakuierungszone um das Atomkraftwerk festgehalten.
Vier Mikrosievert pro Stunde
Auf einem Spielplatz in Fukushima City fand ein Greenpeace-Team derweil Werte von bis zu vier Mikrosievert pro Stunde. In der Stadt Koriyama seien es 2,8 Mikrosievert pro Stunde gewesen. Laut Greenpeace ist die Kontamination so hoch, dass die maximal tolerierbare Dosis für die Bevölkerung von 1000 Mikrosievert pro Jahr in wenigen Wochen aufgenommen würde. Eine Analyse der Bodenproben habe ergeben, dass 80 Prozent der Radioaktivität von Cäsium-Isotopen stamme. Cäsium 137 hat eine Halbwertzeit von rund 30 Jahren, Cäsium 134 von zwei Jahren.
"Die Menschen in Fukushima City und in Koriyama müssen Langzeitfolgen befürchten, Kinder sind besonders gefährdet", erklärte der Leiter des Klima- und Energiebereichs von Greenpeace, Thomas Breuer. "Die japanische Regierung muss endlich handeln. Es fehlen klare Informationen und ausreichende Maßnahmen, um die Bevölkerung zu schützen. Die Regierung kann nicht so tun als gehe das Leben einfach weiter", fügte Breuer hinzu.
Die Greenpeace-Teams entdeckten auch in Gemüseproben aus Gärten und in einem Supermarkt in Fukushima City, Koriyama und Minamisoma radioaktive Belastungen, die die behördlichen Grenzwerte überschritten. Auch in Ortschaften wie Iitate und Namie seien derart hohe Kontaminationen gemessen worden, dass sie sofort evakuiert werden sollten. Greenpeace stellt seit dem 26. März an verschiedenen Orten rund um die Atomanlage Fukushima Daiichi unabhängige Strahlenmessungen an.
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