piwik no script img

Arabische TelekommunikationEin Satellit für den Propheten

Die Firma Arabsat verbessert den Internet-, Radio- und Telefonempfang. Auch Terroristensender von Hamas und Hisbollah profitieren davon.

Eine Ariadne 5-Rakete bringt einen Arabsat 5-Satelliten in den Weltraum (Archivbild 2011). Foto: dpa

Bremen taz | Am Abend des 10. November wollte Ariane von Kourou aus einen Telekommunikationssatelliten in den Weltraum bringen. Das könnte man für eine Routineangelegenheit halten, denn immerhin ist Arabsat 6, der im Weltraum unter dem Namen „Badr 7“ unterwegs sein wird, der dritte von fünf Telekom-Satelliten des europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns Airbus in diesem Jahr. Dennoch bezeichnet Airbus-Manager François Auque den Flug als „Ereignis von besonderer Bedeutung“.

Die Einschätzung trifft vor allem die politische Ebene. Denn mit Erledigung des Auftrags, für den ein dreistelliger Millionen-Betrag in Euro gezahlt wird, bekommt das saudische Medien- und Telekommunikations-Unternehmen Arabsat eine neue, sechste Generation von Eurostar-Satelliten, also „modernste Weltraumtechnologie“.

Voller Stolz lässt das Unternehmen, das den 21 Mitgliedsstaaten der Arabischen Liga gehört, auf seiner Internetseite einen Countdown bis zum Start ablaufen. „Now reaching more homes across Africa“ kündigt das Unternehmen an. Dort und im Nahen Osten sowie in Zentralasien wird sich die Rundfunk-, Breitband- und Telekommunikationsversorgung deutlich verbessern.

Ein Politikum wird das natürlich durch deren Inhalte – und hier setzt der Satelliten-Betreiber mit der Umbenennung einen bemerkenswert zweideutigen Akzent: Badr, Vollmond, steht zugleich für den Ort Badr Hunayn in der Provinz Medina. Dort fand am 17. März 624 eine der wichtigen Schlacht der Frühzeit des Islam statt. Der Name kann daher auch für eine militärisch-kämpferische Auslegung des islamischen Dschihad (Anstrengung, Bemühung) stehen. Tatsächlich spielt in den regionalen Konflikten Arabsat seit jeher eine wichtige Rolle.

Ohne ortsunabhängiges Breitbandinternet, wie es Satellitentechnologie ermöglicht, verlören moderne Terrororganisationen viel von ihrer Schlagkraft. Offenkundiger aber ist, dass Arabsat eine wichtige Rolle bei der Verbreitung und Eindämmung von Propaganda spielt: So hatte der Ministerrat der Arabischen Liga 2012 beschlossen, dem Unternehmen das Ausstrahlen der staatlich-syrischen TV-Sender zu verbieten.

Eine andere, bis heute nicht revidierte politische Entscheidung hatte 2008 der US-Kongress getroffen. Eine Resolution verurteilte die Rolle des Unternehmens als Plattform für die Fernsehsender von Hisbollah und Hamas, Al-Manar und Al Aqsa-TV. Saudi-Arabien und die Arabische Liga als Anteilseigner von Arabsat wurden aufgefordert, die Übertragung von deren Programmen zu unterbinden, weil die Sender als terroristisch einzustufen seien. Geschehen ist nichts dergleichen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!