Apples neuer iPod shuffle: Wenn Minimalismus zu weit geht
Apples neuer Musikspieler hat keine Knöpfe mehr, stattdessen wird das Gerät über den Kopfhörer bedient. Das ist selbst für manche Designfreunde zu viel.
Von Apple-Boss Steve Jobs ist überliefert, dass er keine Knöpfe mag. So besitzt etwa der aktuelle Bestseller des Computerkonzerns, die Laptop-Serie MacBook, neben der Tastatur nur einen Einschaltknopf. Selbst das Feld zur Steuerung des Mauszeigers, das so genannte Trackpad, hat keinen eigenen "Button" mehr, das ganze Feld ist ein einziger Knopf, was zahlreiche Nutzer anfänglich verwirrt.
Und auch das iPhone kommt mit einer für Mobiltelefone bislang ungekannten Minimalzahl von nur fünf Tasten aus - eine fürs Menü, zwei für die Lautstärke, eine zum Stummschalten, eine zum Aufwachen/Schlafenlegen. Alle anderen Funktionen werden direkt per Fingerstrich auf dem Bildschirm erledigt.
Bislang selbst übertroffen haben sich Gestaltungspurist Jobs und seine Designer aber mit Apples neuem iPod shuffle, einem MP3-Spieler, den das US-Unternehmen in der vergangenen Woche vorstellte und der seit Montag auch in Deutschland in den Läden steht. Das 75 Euro teure Gerät besteht aus einer 4,5 mal 1,7 Zentimeter großen Metalloberfläche mit Gürtelclip, die man locker verschlucken oder mit einer Batterie verwechseln könnte. Neben einem Löchlein für den Kopfhörer gibt es keinerlei Knöpfe zu finden, einzig ein Kippschalter bestimmt, ob Musik in Reihen oder zufällig abgespielt werden soll. Eine "Play"-Taste sucht man vergeblich, ebenso eine für Stopp oder Vor und Zurück.
Des Rätsels Lösung: Apple hat all diese der Firma anscheinend eher unnötigen Kommandos in den Kopfhörer des Gerätes integriert, der ein kleines Schaltelement mit drei Knöpfen enthält. Deren Bedienung erweist sich allerdings als leidlich komplex: Will man einen Titel vorspulen, klickt man zwei Mal, will man zurück, gar drei Mal. Das heißt: Möchte man etwa drei Titel zurück springen, muss man den Knopf insgesamt neun Mal malträtieren. Hinzu kommt, dass bislang nur Apple entsprechende Kopfhörer mit passenden Bedienelementen baut - Ohrhörer von Drittfirmen sollen frühestens erst in einigen Wochen verfügbar sein.
Apple-Fans sind zwar in Sachen Design einiges gewohnt und gerne bereit, sich mit neuen Erfindungen der populären Computerfirma aus Kalifornien zu beschäftigen - so sehr, dass Benutzer "normaler" PCs sich gerne über sie lustig machen. Der neue iPod shuffle hat in den letzten Tagen aber dennoch für erstaunlich viel Murren in den Internet-Foren und Fachmagazinen gesorgt, die sonst als Cheerleader Apples gelten. So bewertete die iPod-Website "iLounge" Apples frisches Produkt nur mit der Note "C" für befriedigend und bezeichnete das Gerät als "schlechtesten iPod, den die Firma jemals herausgebracht hat" (Ein Musikspieler der Firma hatte von iLounge zuvor noch nie eine derart schlechte Bewertung erhalten). "Das Gerät ist schwerer zu benutzen als alle Versionen vor ihm", so die Tester. Dabei war die shuffle-Musikspielerserie sowieso schon umstritten gewesen, ist sie doch der einzige iPod, den Apple ohne Bildschirm ausliefert, was die Titelselektion blind und damit einigermaßen schwierig macht.
Immerhin hat Apple für dieses Problem eine Lösung parat: Der neue iPod shuffle "spricht". Das Gerät kann in 14 Sprachen Songtitel und aktuelle Abspiellisten ausgeben, die man sich dann über Kopfhörer ansagen lassen kann. Aber auch diese Bedienung ist nicht unbedingt die einfachste: Ähnlich wie bei einem Telefoncomputer muss man sich eine lange Reihe von Wahlmöglichkeiten anhören, bis man dann schließlich mit einem Druck auf die mittlere Kopfhörertaste seinen Abspielwunsch bestätigen kann. Kein Wunder deshalb, dass sich Kritiker im Internet fragen, ob Apple mit dem Gerät eher eine Technologiedemonstration als ein wirklich marktreifes Produkt in die Läden gebracht hat.
Wer es besonders puristisch mag, kann den iPod shuffle auch ganz ohne Knöpfe nutzen: Steckt man einen herkömmlichen Kopfhörer ohne Bedienfunktion ein, spielt das Gerät einfach nur die aktuellen Titel in zufälliger oder festgelegter Reihenfolge ab. Weder Vorspulen noch die Lautstärke verändern kann man so. Aber manchmal ist es ja ganz nett, sich einfach von Musik überraschen zu lassen.
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