Anzeige gegen Facebook-Nutzer: Im Kampf gegen die Trolle
Eine NS-Überlebende wehrt sich juristisch gegen einen Facebook-Hetzer. Seine Kommentare haben sie auf eine Stufe mit den Tätern gestellt.
Wer in sozialen Netzwerken pöbelt, hatte bislang keine gravierenden Konsequenzen zu befürchten. Im schlimmsten Fall wurde der Post vom Betreiber der Seite gelöscht. Dementsprechend hemmungslos sind viele Beiträge formuliert. Doch eben das könnte künftig juristische Folgen haben.
Esther Bejarano wurde unter den Nationalsozialisten in Auschwitz interniert. Sie überlebte, weil sie sich als Akkordeonspielerin ausgab und in das Mädchenorchester des KZs aufgenommen wurde. Bis heute steht die in Hamburg lebende Sängerin auf der Bühne – als Teil der HipHop-Combo Microphone Mafia und als Zeitzeugin, die immer wieder gegen das Vergessen anerzählt.
Just deshalb sei die 90-jährige Holocaustüberlebende nun auf Facebook angegriffen worden, berichtet ndr.de. In einem Post verspottet ein Facebook-Nutzer ihr Engagement als „die große Esther-Bejarano-Show“. Zudem stellt er sie mit den Tätern auf eine Stufe: „Komischerweise werden überall in der Welt alte Menschen für ‚Beihilfe zum Massenmord‘ angeklagt und verurteilt, weil sie mit dem Nazi-Regime kollaboriert hatten. Und nichts anderes hat diese Frau, die ‚um ihr Leben gesungen‘ hat, getan.“
Bejarano, habe „andere mit einem lachenden Auge in den Tod gehen lassen“, indem sie sich „freiwillig zur Bildung eines Lagerchors“ gemeldet habe.
Im Namen eines Freundes der 90-Jährigen hat ein Anwaltsbüro am Dienstag Anzeige gegen den Facebook-Hetzer erstattet. Der Vorwurf: üble Nachrede und Verleumdung gegen eine Person des politischen Lebens. „Eine solche Äußerung ist skandalös“, sagte Bejarano, die unter anderem mit dem Großen Bundesverdienstkreuz geehrt wurde, zu ndr.de. „Auch dass jemand bei Facebook unbehelligt so etwas schreiben kann, ist eine Schande.“
Um künftig gegen pöbelnde Trolle im Netz vorzugehen, könnte ihre Klage ein Präzedenzfall sein.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen