: Antwerpes schimmerlos
Exregierungspräsident als Zeuge im Kölner Müllskandalprozess: Keine Ahnung von Bestechungen, und es sei ungerecht, dass er bei Schmiergeldzahlungen leer ausging
KÖLN taz ■ Im Kölner Müllskandalprozess hat der als Zeuge geladene frühere Regierungspräsident Franz-Josef Antwerpes jegliches Wissen von Schmiergeldzahlungen verneint. „Ich habe damit nicht gerechnet“, sagte Antwerpes gestern vor dem Kölner Landgericht. Vielleicht sei das „etwas naiv“ gewesen, räumte der 69-jährige Sozialdemokrat ein. Er jedenfalls habe „niemals auch nur eine einzige Mark von den Beteiligten bekommen“. Wenn er allerdings bedenke, wer offenbar alles Geld erhalten habe und dass er als Chef der entscheidenden Genehmigungsbehörde hingegen leer ausging, dann sei das schon „auf irgendeine Art ungerecht“, fügte der einstige, auch über die NRW-Landesgrenzen hinaus weit bekannte „rote Kurfürst“ süffisant hinzu.
In seiner launigen wie anekdotenreichen Aussage rechtfertigte Antwerpes, der von 1978 bis 1999 der Kölner Bezirksregierung vorstand, ausführlich sein damaliges Engagement für die Kölner Müllverbrennungsanlage (MVA). Er hatte gegen den Willen von NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne) Mitte der 90er-Jahre den Bau der MVA durchgesetzt. Auch dass er sich aktiv für eine Beteiligung des Gummersbacher Anlagenbauers Steinmüller eingesetzt habe, sei nur als regionale Wirtschaftsförderung zu verstehen gewesen, betonte er: „Das macht Bundeskanzler Gerhard Schröder für VW doch auch.“ Zudem habe das Unternehmen seinerzeit „sozusagen am Hungertuch“ genagt. Steinmüller hatte den Generalauftrag für den Bau der knapp 405 Millionen Euro teuren Kölner MVA erhalten. Dafür bezahlte das Unternehmen gut 11 Millionen Euro an Schmiergeldern.
Im Kölner Müllskandalprozess geht es um die Verteilung dieses Geldes. Vor Gericht verantworten müssen sich der Ex- Steinmüller-Manager Sigfrid Michelfelder, der Exgeschäftsführer der Abfallentsorgungs- und Verwertungsgsellschaft Köln (AVG), Ulrich Eisermann, und Kölns Ex-SPD-Fraktionschef Norbert Rüther. Die Verfahren gegen den früheren SPD-Politiker Karl Wienand und den Viersener Entsorgungsunternehmer Hellmut Trienekens wurden krankheitsbedingt abgetrennt. In seiner Aussage schilderte Antwerpes Trienekens als Geschäftsmann, „der überall seine Leute sitzen hatte“. PASCAL BREUCKER