Antrag der Generalbundesanwälte: Beugehaft für Ex-Terroristen?
Bundesanwaltschaft will frühere RAF-Mitglieder mit Haft zu Aussagen über Buback-Mord zwingen.
Die Bundesanwaltschaft hat gegen bereits verurteilte Ex-RAF-Mitglieder bis zu sechs Monate Beugehaft beantragt, weil sie nicht bereit sind, über Anschläge der 70er-Jahre auszusagen. Der Antrag wurde Ende September gestellt, der Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof (BGH) wird demnächst entscheiden. Dies erklärte am Freitag Rainer Griesbaum, der stellvertretende Generalbundesanwalt, vor Journalisten in Karlsruhe.
Das Vorgehen gegen alte RAFler ist Teil eines im Mai neu eröffneten Ermittlungsverfahrens zur Ermordung des damaligen Generalbundesanwalts Siegfried Buback im April 1977. Wegen dieser Tat waren Christian Klar und Knut Folkerts als Mittäter jeweils zu lebenslänglicher Haft verurteilt worden. Als dritter Mittäter gilt Günter Sonnenberg, der sein "lebenslänglich" aus anderen Gründen erhielt. Im Zuge der Debatte über eine Begnadigung von Klar hatte sich Anfang des Jahres allerdings der Ex-RAFler Peter-Jürgen Boock zu Wort gemeldet. Er wisse aus seiner Beteiligung an der Planung des Attentats ein Jahr zuvor, dass Klar nicht geschossen habe und Folkerts bei der Tatausführung nicht dabei gewesen sei. Vielmehr sei wohl Stefan Wisniewski der Schütze gewesen, der bisher nur wegen Beteiligung an der Ermordung von Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer im Herbst 1977 in Haft saß.
Daraufhin nahm die Bundesanwaltschaft Ermittlungen gegen den 1999 entlassenen Wisniewski auf. Neben Boock wurden elf ehemalige RAF-Angehörige befragt, jedoch verweigerten alle die Aussage, weil sie sich nicht selbst belasten wollen. Bei Klar, Folkerts und Brigitte Mohnhaupt will die Bundesanwaltschaft dies aber nicht gelten lassen, schließlich haben diese nichts mehr zu befürchten, weil sie wegen des Buback-Mordes bereits verurteilt wurden. Auch gegen Sonnenberg wurde Beugehaft beantragt, obwohl bei ihm damals das Buback-Verfahren aus gesundheitlichen Gründen eingestellt wurde.
Mit solchen Beugehaft-Anträgen erlitt die Bundesanwaltschaft allerdings bereits 2005 Schiffbruch. Damals entschied der Bundesgerichtshof im Fall der Ex-RAFlerinnen Eva Haule und Birgit Hogefeld, dass auch bei bereits verurteilten Tätern die Gefahr der Selbstbelastung besteht. Aus Tatmodalitäten könne auf Beteiligung an ähnlichen Anschlägen geschlossen werden, so der BGH. Vermutlich wird er diesmal wieder so urteilen.
Auf Granit biss die Bundesanwaltschaft bislang auch beim Verfassungsschutz. Wie der Spiegel im Frühjahr berichtete, existiert dort eine Akte, wonach die ehemalige RAF-Angehörige Verena Becker 1981 gegenüber dem Geheimdienst ebenfalls Wisniewski als Schützen nannte.
Inzwischen konnte Griesbaum zwar Einsicht in eine nicht näher bezeichnete Verfassungsschutz-Akte nehmen. Die Unterlagen dürfen aber nicht für das Strafverfahren gegen Wisniewski verwendet werden. Als verwertbare Information bekam die Bundesanwaltschaft vom Verfassungsschutz bisher nur die dürre Aussage, dass in einer "älteren unbestätigten Einzelinformation" auch Wisniewski als Mittäter genannt worden sei. Griesbaum beantragte eine Entscheidung durch Innenminister Schäuble, ob die Akte nun gesperrt oder herausgegeben wird.
Die Auswertung diverser Haar- und Sekretspuren, die im Zusammenhang mit dem Buback-Mord stehen, ergab bisher auch nicht viel: Wisniewski könnte Verursacher einer Mischspur gewesen sein und Becker, die inzwischen selbst als Schützin in Verdacht geraten ist, könne als Täterin nicht ausgeschlossen werden, weil eine andere Spur von einer Frau stamme.
Griesbaum sagte: "Bisher gibt es aber keine Hinweise, dass Verena Becker bereits vor 1980 Kontakte zum Verfassungsschutz hatte." Dies vermutet jedoch Michael Buback, der Sohn des Ermordeten. Er hält Becker für die Schützin, die wegen Manipulationen des Geheimdienstes bisher nicht verfolgt worden sei.
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