Antisemitismus beim Halleschen FC: Denn sie haben nichts gehört

Dem Halleschen FC werden wegen antisemitischer Rufe seiner Fans Punkte abgezogen. Das findet der Vorstand des Viertligisten ungeheuerlich und droht nun mit Rücktritt.

Täte dem Halleschen FC gut: Die rote Karte gegen Rassismus, wie hier auf Schalke. Bild: dpa

BERLIN taz Der Hallesche FC hat die Tabellenführung in der Oberliga Süd des Nordostdeutschen Fußballverbands (NOFV) verloren. Der Traditionsverein stürzte auf den sechsten Platz ab, ohne dass die Konkurrenz dafür eine sportliche Leistung erbringen musste. Den Hallensern wurden "wegen unsportlichen Verhaltens" vom NOFV-Sportgericht drei Punkte abgezogen. Zudem dürfen am Sonntag zum Punktspiel gegen Meuselwitz nur 1.000 Zuschauer kommen, die allesamt auf der Haupttribüne Platz nehmen müssen.

Die Hallenser Fankurve bleibt dann leer. Aus ihr hatte es am 29. März beim Punktspiel gegen die zweite Mannschaft des FC Carl Zeiss Jena (1:1) wiederholt "Juden-Jena"-Rufe gegeben. Das belegen Mitschnitte des Mitteldeutschen Rundfunks sowie Aussagen von Jenaer Spielern und Funktionären. "Natürlich habe ich diese Rufe mindestens fünfmal deutlich gehört", sagt Mark Zimmermann. Der Exprofi ist inzwischen fester Bestandteil der Jenaer Oberliga-Elf. "Diese dummen Sprüche gab es schon, als ich zusammen mit den rund 70 Zeiss-Fans den Gästeblock betreten habe. Auch Jenaer Anhänger auf der Haupttribüne haben die Rufe vernommen", erinnert sich Lutz Hoffmann. Der hauptamtliche Mitarbeiter des Jenaer Fanprojekts findet es merkwürdig, dass der FC Carl Zeiss vom NOFV-Sportgericht ebenfalls bestraft wurde. 500 Euro und ein Fünftel der Verfahrenskosten sollen die Thüringer tragen, weil sie die Schmähungen nicht am Spieltag dem Schiedsrichterkollektiv oder Ordnungskräften gemeldet hätten.

Beim Halleschen FC stößt das Urteil derweil auf Unverständnis. "Die Verhandlung war eine Farce. In der Anhörung ergab sich, dass weder das Schiedsrichtertrio noch der Beobachter etwas von den Sprüchen hörten", wird das geschäftsführende Vorstandsmitglied Ralph Kühne auf der Vereinshomepage zitiert. Der HFC will in Berufung gehen. Präsident Michael Schädlich, der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Jörg Sitte und Kühne wollen im Falle der Aufrechterhaltung des Urteils von ihren Posten zurücktreten.

Problembewusstsein sieht anders aus, zumal der der Verein bereits 2006 nach rassistischen Äußerungen seiner Fans gegen den ehemaligen FC-Sachsen-Spieler Adebowale Ogungbure zu einer Geldstrafe und einer Begegnung ohne Zuschauer verurteilt worden war.

NOFV-Präsident Hans-Georg Moldenhauer wollte das jüngste Urteil nicht kommentieren. Dennoch schaltete sich der DFB-Vizepräsident in die Diskussion ein. "Es geht nicht darum, ob das Urteil scharf oder milde ist. Die Klubs müssen die Täter namentlich zur Verantwortung ziehen", sagte Moldenhauer.

Fakt ist, dass die Fanarbeit in Halle nicht ausreichend war. "Eine offizielle Förderung gibt es erst seit November 2006. Andere Vereine sind viel weiter", sagt Steffen Kluge (38). Der Sozialarbeiter hat eine halbe Stelle beim Fanprojekt. Den drohenden Rücktritt des Vorstands hält Kluge, der beim Spiel gegen Jena die antisemitischen Rufe nicht gehört haben will, für kontraproduktiv. Schließlich könne der HFC auch mit drei Punkten weniger noch die Qualifikation zur neuen viertklassigen Regionalliga noch erreichen.

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