Antimilitaristen dürfen nicht stören: Friedhofsruhe beim Gelöbnis

Der Protest gegen das Soldatengelöbnis am Reichstag wird an Orte abgeschoben, wo man ihn nicht hört. Eine Demonstration gegen diese Beschränkung der Meinungsfreiheit wird darum abgesagt.

Still gestanden: Rekruten beim Gelöbnis 2008 Bild: dpa

BERLIN taz | Etwa 200 Menschen haben am Montagabend in Berlin am Potsdamer Platz gegen das Gelöbnis von 400 Bundeswehr-Rekruten demonstriert. Eine zweite Kundgebung auf der Südseite des Hauptbahnhofs, die von der Abgeordneten Evrim Baba (Linke) angemeldet worden war, wurde kurzfristig abgesagt. Die Polizei wollte wegen der Nähe zum Gelöbnis die Kundgebung nur auf der Nordseite des Bahnhofs gestatten. Daraufhin habe Baba verzichtet, sagte ein Polizeisprecher der taz.

Bei der Kundgebung am Potsdamer Platz forderte Tobias Pflüger (Linke) den Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan. An die Politiker gewandt, sagte er: "Für dieses Morden werdet ihr keine Stimmen bekommen." Die Menge skandierte das bekannte "Soldaten sind Mörder".

Auf Transparenten stand unter anderem "Bundeswehrmacht in die Grenzen von 1988" oder "Wir geloben zu morden". Die Polizei war mit vier Hundertschaften präsent. Nach Angaben eines Polizeisprechers verlief die Kundgebung bis Redaktionsschluss friedlich und ohne Zwischenfälle.

Ursprünglich wollten die Demonstranten vom Bendlerblock, dem Sitz des Verteidigungsministeriums, zum Ort des Gelöbnisses am Reichstag ziehen. Die Polizei erlaubte jedoch nur eine Kundgebung am Potsdamer Platz. Das Berliner Verwaltungsgericht gab in der ersten Instanz der Polizei Recht.

Auch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hielt das Verbot des Demonstrationszuges in einer Entscheidung am Montag für rechtmäßig. Die Begründung der Richter: Zwar müsse sich die Bundeswehr öffentliche Proteste gefallen lassen, bei der angemeldeten Demonstration sei aber davon auszugehen, dass das Gelöbnis "empfindlich gestört" oder womöglich sogar verhindert werden solle. Dafür könne das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit "nicht oder jedenfalls nur mit deutlichen Abstrichen" in Anspruch genommen werden.

Die Gelöbnix-Initiative überlegt nun, mit einer Fortsetzungsfeststellungsklage grundsätzlich klären zu lassen, ob die Proteste nicht näher am Gelöbnisort erlaubt sein müssen. Schließlich war bereits im vorigen Jahr eine geplante Demonstration nahe dem Reichstag untersagt worden.

Nur eine Kundgebung an der südwestlichen Seite des Holocaust-Mahnmals blieb erlaubt. "In diesem Jahr sind wir nun noch weiter weg", kritisierte Frank Brendle von der Gelöbnix-Initiative. Die verschärften Auflagen hat auch die Linke-Abgeordnete Baba zu spüren bekommen, die aus Protest die Kundgebung am Hauptbahnhof angemeldet hatte.

Auch Heinrich Fink von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) hatte, als er von dem Verbot des Demonstrationszuges erfuhr, eine Kundgebung am Platz des 18. März angemeldet, die allerdings an dem Standort komplett verboten wurde.

Martin Singe vom Komitee für Grundrechte und Demokratie kritisierte, dass die Versammlungsfreiheit zum "Kommunikationsgrundrecht" erklärt werde, das sich höchstens lautlos zu äußern habe. Es entstehe der Eindruck, dass die aktuell größte Bedrohung der Bundeswehr nicht von den "Taliban am Hindukusch, sondern von nautischen Hörnern in Berlin" ausgehe.

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