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AntiguaInsel der Seligen

200 Jahre lang war Antigua die Hauptstadt des Königreiches Guatemala. Die Kolonialstadt mit dem Vulkan Agua im Hintergrund ist die perfekte Kulisse.

Maya-Frau mit Kind in Antigua. Bild: imago/imagebroker

Sie sollten nicht allein zum ,Cerro de la Cruz' gehen, außerhalb der Stadtgrenzen ist es gefährlich, alleine unterwegs zu sein." Mario braucht mich nicht lange zu überzeugen, es ist schon später Nachmittag und in diesem Land wird es früh dunkel. In seinem klapprigen Tuc-Tuc, einer Art überdachtem Motorrad, in dem der Fahrgast eine eigene Kabine hat, hoppeln wir über Antiguas Kopfsteinpflaster zum berühmten Aussichtspunkt nördlich der Stadt.

Es geht vorbei an den typischen Häusern im spanischen Kolonialstil mit ihren vergitterten Fenstern, barocken Kirchen, Kaffeeplantagen und Feldern. Doch der späte Ausflug lohnt sich. Unten erstreckt sich die verträumte Kolonialstadt mit dem 3.760 Meter hohen Vulkan Agua im Hintergrund.

Zweihundert Jahre lang war Antigua Guatemala die Hauptstadt des Königreichs Guatemala und wirtschaftliches und kulturelles Zentrum des Landes, von hier aus regierten die spanischen Vizekönige über fast ganz Zentralamerika, hier wurde seinerzeit auch die erste Universität der Region errichtet.

Damals trug die Stadt den schier endlosen Namen "Muy Noble y Muy Leal Ciudad de Santiago de los Caballeros de Goathemala", zu Ehren des Schutzpatrons Santiago. Als im Jahr 1773 ein schweres Erdbeben Antigua erschütterte, wurde in 30 Kilometer Entfernung Guatemala Nueva als neue Hauptstadt errichtet.

Doch im Grunde schlägt das Herz des Landes in Antigua. Keine Stadt im Lande hat eine solche Dichte an Kirchen, Palästen, Bürgerhäusern, Klöstern wie die vom spanischen Konquistador Pedro de Alvarado gegründete Stadt. Daher zählt sie seit 1979 zum Weltkulturerbe.

Guatemala

Information: Botschaft der Republik Guatemala, Joachim-Karnatz-Allee 47, 10557 Berlin, Tel.: 0 30-2 06 43 63 Fax: 0 30-20 64 36 59, embaguate.alemania@t-online.de

Ein Polizist ist auch hier oben postiert, ganztägig, zum Schutz der Touristen. Guatemala ist eines der ärmsten Länder Mittelamerikas, seine größten Probleme sind: Gewalt, Kriminalität, Korruption und vor allem soziale Unterschiede.

Bis heute kämpft das Kernland der stolzen Maya mit den Folgen der Militärdiktatur und des Bürgerkrieges, der erst 1996 endete.

Wie eine Insel der Seligen wirkt da Antigua. Die 35.000-Einwohner-Stadt macht einen wohlhabenden Eindruck. Die Häuser sind renoviert und in Pastellfarben angestrichen, Bars, Cafés, Restaurants und Souvenirshops prägen das Bild der Gassen.

Weiße Oberschicht

Ein Blick über Antigua: Das Kreuz Cerro de la Cruz und im Hintergrund der Vulkan Agua. Bild: imago/imagebroker

"Das hier ist nicht das wahre Guatemala, sondern die perfekte Kulisse", sagt Miguel Roca, dem eine Apotheke unweit des früheren Jesuitenklosters gehört. "Viele Amerikaner und reiche Europäer haben sich hier angesiedelt, sie investieren hier, nicht etwa die Einheimischen."

Es gibt wohl niemanden, der die Stadt besser kennt als Don Miguel, der als "Criollo" - ein in Zentralamerika geborener Weißer - automatisch zur schmalen Oberschicht von Antigua gehört. Er verwaltet das Stadtarchiv, zu diesem Job kam er eher zufällig.

Vor Jahren fand er wertvolle Unterlagen, die achtlos in den Müll geworfen worden. "Die Gleichgültigkeit der Gemeindeverwaltung, was unsere Geschichte anbelangt, ist schlimmer als die Vulkanausbrüche, die Antigua mehrmals verwüstet haben", scherzt Don Miguel.

Mit der Ankunft von Missionaren und Priestern wurden in Antigua zahlreiche Klöster und Klosterschulen errichtet. Die Stadt wurde zum geistigen Zentrum der ganzen Region und sie erlangte einen Einfluss, der sich durchaus mit dem von Mexiko-Stadt oder dem von Lima messen konnte.

Einem der Klöster verdankt Antigua auch sein Wahrzeichen, den Bogen von Santa Catalina, das wohl meist fotografierte Motiv der Stadt. Es waren die Nonnen des Klosters, das in seinen besten Zeiten 110 Insassinnen umfasste, die den Bogen anlegen ließen.

So konnten sie in die gegenüberliegende Schule Unterricht erteilen, ohne die Straße betreten zu müssen. Keinerlei Kontakt zur Außenwelt durften auch die Kapuzinerinnen haben, deren Kloster der eigenwilligste unter den Sakralbauten Antiguas ist. Sie alle unterstehen der Denkmalschutzbehörde Consejo Nacional para la Protección de la Antigua Guatemala (CNPAG).

Teuere Stadt

Um mehr Geld für Unterhalt und Instandsetzung zu haben, zahlen Touristen 40 Quetzales Eintritt (3,70 Euro), die Einheimischen nur einen Bruchteil davon. Tuc-Tuc-Fahrer Mario findet das gerecht. Ohnehin können sich wegen des Zuflusses von ausländischem Kapital immer weniger "Chapines", wie die Guatemalteken sich nennen, es sich leisten, in der Stadt zu wohnen.

Um sich ein Bild zu verschaffen, wie die einstigen Bewohner Antiguas, die Indígenas, heute leben, lohnt ein Ausflug nach San Pedro las Huertas, wo die Wäscherinnen am Dorfplatz wie vor Jahrhunderten waschen, und von dort weiter nach San Antonio Aguas Calientes, einem der bekanntesten Webdörfer von Guatemala, wo man prachtvolle Mayatrachten bewundern kann.

Dort lebt Carolina de Guarán mit ihren Töchtern und Enkelkindern. Sie betreibt einen Laden. Carolina ist berühmt in Guatemala. Als 14-Jährige wurde sie auf die Internationale Tourismusbörse in Berlin eingeladen und warb damals für ihr Land, indem sie Webkünste zeigte.

Kein gutes Jahr

Das war 1964. "Ich habe Bundespräsident Heinrich Lübke kennen gelernt", sagt Carolina stolz und zeigt eine Reihe vergilbter Zeitungsausschnitte, auf denen ein Mädchen mit langen Zöpfen abgebildet ist.

"Letztes Jahr war kein gutes Jahr für den Tourismus, wir haben fast nichts verkauft", sagt Carolina, während sie uns mit prachtvollen Blumen- und Tiermotiven bestickte Huipiles, die typischen Frauenblusen, zeigt.

Doch alles deutet darauf hin, dass die Touristen, die Guatemala zuletzt wegen der Unsicherheit mieden, bald wiederkommen. Nicht umsonst hat Staatschef Álvaro Colom eine Imagekampagne gestartet und die Sicherheitskräfte an zentralen Punkten des Landes aufgestockt.

"Wenn es so weit ist, verkaufe ich neben den Textilien auch Kaffee", sagt Carolina, und mit Blick auf potenzielle deutsche Kunden fügt sie augenzwinkernd hinzu: "Ökologischen natürlich".

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2 Kommentare

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  • G
    Gwaelan

    Natürlich ist Sicherheit sehr wichtig und ich habe auch absolut keine Lust, mich totschießen zu lassen, nur weil da in irgendeinem Dorf schöne Teppiche sein sollen.

    Aber Antigua ist absolut nicht mit Guatemala zu vergleichen. Wie im Text schon angedeutet leben dort viele Wohlhabende, die ganze Stadt ist geschmückt und herausgeputzt, nicht nur zu einem der zahllosen Feste. (Es gibt fast mehr Müllaufsammler als Touristen...) Nachts wird immer irgendwo Musik gemacht, meistens offiziell organisiert von einem der Kulturbüros.

     

    Ja, Guatemala ist unsicher, besonders die Hauptstadt, und dort sollte man wirklich nicht alleine durch die Nacht spazieren.

    Aber Antigua? Nicht im Geringsten! Solche Stimmungen bewirken nur, dass die Touristen ausbleiben und je ärmer die Region, desto höher die Kriminalitätsrate. Gilt ja (das ist mein Bauchgefühl) auch für Deutschland.

     

    Also: Fahrt nach Guatemala, es ist ein wunderbares Land.

    Fahrt nach Antigua, es ist eine wunderschöne Stadt. Aber erwartet nicht, dort ursprüngliches indigenes Leben zu finden.

    Reist dafür stattdessen mit den Sammeltaxis durch die Gegend und erfahrt, dass einem auch vergessene Rucksäcke hinterhergetragen werden und die Gastfreundschaft von allen hoch geschätzt wird.

  • S
    Stefan44

    In einem Land, wo ich als Tourist Sorge haben muß, entführt oder erschossen zu werden, da habe ich keine Lust und Interesse dort Urlaub zu machen.

     

    Ich bin auch der Meinung, dass deutsche Touristen in solchen Ländern auf eigene Gefahr reisen, und nicht erwarten dürfen, dass eine Deutsche Botschaft sich um sie kümmert. Wer so riskant Urlaub macht, der ist auch selber Schuld, wenn er/sie entüfhrt/erschossen wird. Es gibt genügend andere Länder auf der Welt, die wesentlich sicherer sind, wo deutsche Touristen Urlaub machen können.

     

    Guatemala ist da sehr grenzwertig als Touristenziel und es läßt sich darüber streiten, ob es für deutsche Touristen geeignet ist; wer aber derzeit nach Somalia, Afhganistan, Jemen oder Irak reist, der reist definitiv auf eigene Gefahr und hat nach meiner Meinung auch sein Recht verwirkt, dass die Deutsche Botschaft sich für ihn "groß" einsetzt.