Antifa: Petition gegen überlange Haft
Christian S. sitzt wegen Barrikadenbaus drei Jahre im Knast - eine frühere Untersuchungshaft wurde ihm jedoch nicht angerechnet. Jetzt fordert eine Soligruppe Justizsenatorin Gisela von der Aue auf, sich dafür einzusetzen
"Freiheit für Christian S." - diese Parole las man in letzter Zeit häufig auf Transparenten. Unter dem Motto standen in der vergangenen Woche auch Kundgebungen vor dem Amtssitz von Berlins Justizsenatorin und vor der Justizvollzugsanstalt Plötzensee.
Dort muss Christian S. seit Juni 2007 eine dreijährige Haftstrafe wegen des Baus von Barrikaden bei einer Demonstration gegen einen Neonaziaufmarsch absitzen. Zuvor hatte S. knapp elf Monate in Untersuchungshaft verbracht, nachdem ihn Zivilpolizisten beschuldigt hatten, auf einer Antifademo in Dresden eine Glasflasche in Richtung des rechten Aufmarsches geworfen zu haben. In zweiter Instanz sprach das Landgericht S. aber am 21. September 2007 frei.
"Christian S. hat also elf Monate unschuldig in Untersuchungshaft gesessen", meint Kerstin Jäger von der "Soligruppe Christian S". Sie fordert die Anrechnung der Untersuchungshaft auf die Haftstrafe. "Normalerweise steht einem zu Unrecht Inhaftierten eine Entschädigung von elf Euro pro Tag zu. Deshalb ist eine Verrechnung der ohne Urteil verbüßten Haftzeit mit dem rechtskräftigen Urteil nur gerecht", begründet Jäger gegenüber der taz eine Petition mit dieser Forderung, die kürzlich Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) zugegangen ist. Die Senatorin will noch im März darüber entscheiden.
Auch gegen den Vollzugsplan von Christian S. hat seine Rechtsanwältin Maren Burkhardt mittlerweile eine Klage eingereicht. Ihr Mandant werde dort als "spezieller Justizhäftling" bezeichnet. Diese Klassifizierung bedeute verschärfte Haftbedingungen. "So wird seine Post häufig angehalten. Mehrmals wurde seine Zelle von der Polizei durchsucht", begründet Burkhardt gegenüber der taz die Klage. Der umstrittene Vollzugsplan sei auch nach der Verlegung von S. von der JVA Tegel nach Plötzensee weiterhin gültig. Für diesen Umzug hatten sich UnterstützerInnen von Christian S. mit mehreren Kundgebungen eingesetzt, nachdem es in Internetforen hieß, S. werde "zumindest den Nazis in Tegel ein gefundenes Fressen sein".
Inzwischen hat sich Christian S. selbst zu Wort gemeldet. Zusammen mit drei weiteren Gefangenen hat er sich in einem Aufruf für eine bessere Vernetzung zwischen Gefängnisinsassen und für eine Antirepressionsbewegung ausgesprochen. Zu den Forderungen gehört die Einschränkung der in Berlin besonders häufig angewandten U-Haft, die konsequente Umsetzung der Regelung, dass Häftlinge nach der Verbüßung von zwei Dritteln ihrer Strafe freikommen, und die Verhinderung von Knastneubauten.
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