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Antiatom-Demos in FrankreichLobby versteht kein Japanisch

25.000 Menschen sind in Frankreich gegen den Atomkurs ihrer Regierung und der Konzerne auf die Straße gegangen. Denn sie haben nicht auf Fukushima reagiert.

Mit Regenschirmen ein Statement gesetzt: Demonstranten in Straßburg. Bild: reuters

PARIS taz | Rund 25.000 Menschen haben am Samstag in sieben französischen Städten beim nationalen Aktionstag "Nucléaire Stop" gegen die Nutzung der Atomkraft demonstriert. Allein ins bretonische Rennes kamen mehr als 8.000 Demonstranten.

Darunter waren auch drei Präsidentschaftskandidaten, die für eine andere Umweltpolitik antreten wollen: die Grüne Eva Joly, die ehemalige bürgerliche Umweltministerin Corinne Le Page von CAP 21 und der Trotzkist Philippe Poutou vom Nouveau Parti Anticapitaliste. Sie sind nicht die Einzigen, die Atomkraft zum Thema der im April 2012 anstehenden Präsidentschaftswahlen machen wollen.

Auch bei den Sozialisten ist man höchstens noch unterschiedlicher Meinung über den Zeitplan des Ausstiegs. Da in Frankreich fast 80 Prozent der Elektrizität mit insgesamt 58 Reaktoren produziert wird, befürworten viele eine progressive Umstellung über mindestens ein Vierteljahrhundert. Klar ist für alle aber: Die ältesten und pannenanfälligsten Anlagen wie jene in Fessenheim im Elsass müssen so schnell wie möglich abgestellt werden.

Die Organisatoren des Dachverbands Sortir du Nucléaire, der mehr als 900 Vereinigungen umfasst, kritisieren vor allem die Hinhaltepolitik der Regierung und der Energiekonzerne, die aus der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima nichts gelernt hätten.

Castor-Sonderzüge wie immer unterwegs

Für den Staatskonzern Areva und die staatlich dominierte Électricité de France geht das Geschäft einfach weiter. Erst am Donnerstag rollte wieder ein Castor-Sonderzug mit niederländischem Atommüll quer durch Frankreich in die Wiederaufbereitungsanlage von La Hague.

"Während unsere europäischen Nachbarn die einzig mögliche Lehre aus Fukushima ziehen und einen Ausstieg aus der Atomkraft beschließen, verharrt die französische Regierung in dieser nuklearen Sackgasse - auf Kosten der Entwicklung erneuerbarer Energiequellen", macht Sortir du Nucléaire geltend.

Ganz anders Staatspräsident Nicolas Sarkozy. Er meint, nach Fukushima müsse die Flucht nach vorn eingeschlagen werden: Die Industriestaaten müssten verstärkt in die sichere und klimapolitisch saubere Energiequelle investieren, die Frankreich entwickelt und zu verkaufen hat.

Bei den kürzlich durchgeführten Stresstests der französischen Anlagen wurden diverse Mängel und ungenügende Sicherheitsvorkehrungen festgestellt. Am Samstag warnten daher die Demonstranten in Bordeaux vor den dabei konstatierten möglichen Überschwemmungsrisiken für das benachbarte AKW von Blayais.

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4 Kommentare

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  • U
    Urgestein

    @Yuri

     

    Zitat: "Die frz. Atombetreiber haben naemlich ihre Stresstest-Berichte (1 pro Anlage) erst vor drei Wochen bei der Atomaufsicht abgegeben, ..."

     

    Das wäre ja wirklich erstaunlich.

     

    Die französische Atomaufsichtsbehörde (ASN) hat nämlich eben diese von den Betreibern eingereichten Stresstests schon Mitte September (also vor etwa 8 Wochen) ins Internet gestellt (Quelle z.B.: http://www.stern.de/news2/aktuell/franzoesische-atomaufsicht-stellt-akw-stresstests-ins-internet-1728678.html). Die ASN wähnte sich wohl allzu sehr in Sicherheit, eine Reihe von Sicherheitsmängeln konnte so schnell ermittelt werden, obwohl die französischen Behörden an ihre Kraftwerke doch deutlich niedrigere Anforderungen gestellt hatten als auf europäischer Ebene vereinbart worden war.

     

    So unter anderem am Standort Cattenom (Quelle z.B. http://www.sr-online.de/nachrichten/740/1293554.html), was selbst die saarländische CDU dazu veranlasste den Betreiber aufzufordern, umgehend tätig zu werden und diesen Schrottmeiler abzuschalten.

     

    Ein weiterer prominenter Fall ist Fessenheim, das älteste franzöische AKW, welches wie Biblis im erdbebengefährdeten Rheingraben liegt. Hier hat die ASN die Genehmigung zur Laufzeitverlängerung um weitere 10 Jahre bereits im Sommer erteilt, allerdings auf der Basis von Anforderungen und Daten aus dem Jahr 2010 und ohne eine erneute Überprüfung mit den leicht verschärften Bedingungen infolge des Unfalls in Fukushima auch nur in Betracht zu ziehen. Es ist daher davon auszugehen, dass die beiden unsicheren und veralteten Meiler einer ernsthaften Überprüfung auf der Grundlage neuerer Erkenntnisse nicht standhalten können.

  • F
    Florian

    Der einzige Grund, warum Frankreich an der Atomkraft festhält, sind ihre Atombomben. Die "friedliche Kernenergie" liefert das Material für die Bomben.

     

    Trotzdem wird der Atomausstieg kommen. Neue AKW sind ein finanzielles Desaster, die Ideologie bröckelt und die Bewegung ist stark.

  • Y
    Yuri

    Im Artikel heisst es,bei den kürzlich durchgeführten Stresstests der französischen Anlagen wurden diverse Mängel und ungenügende Sicherheitsvorkehrungen festgestellt.Wie kann denn das ueberhaupt sein ? Die frz. Atombetreiber haben naemlich ihre Stresstest-Berichte (1 pro Anlage) erst vor drei Wochen bei der Atomaufsicht abgegeben, die sie derzeit bewertet und bis Jahresende der Regierung einen Gesamtbericht mit Vorschlaegen unterbreiten wird. Verfuegen die TAZ-Journalisten nun ueber Glasskugeln?

  • GG
    GB GB

    Liebe TAZ-Leser, träumt bitte nicht vom französischen "Atomausstieg". Das ist ein reines Wahlkampfthema. In Frankreich herrscht ein breiter gesellschaftlicher Konsens pro Kernenergie. Im Gegensatz zu Deutschland sieht man die Dinge dort sachlich, auch nach Fukushima. Ein Ausstieg würde die (v.a. wirtschaftliche) Position Frankreichs empfindlich schwächen. Bei 85% Versorgung aus Kernenergie wäre ein "Ausstieg" nach deutschem Muster schlicht Irrsinn. So dumm sind nur wir Deutschen, manche fühlen sich auch noch gut dabei.